Leider ist es nach Tbilissi noch viel weiter als gedacht. Oder eher: Noch viel länger. Ich würde zwar sicherlich inzwischen einen guten Marshrutka-Fahrer abgeben aber Fahrzeug, Straßenverlauf und -zustand setzen einfach Grenzen. Im Reiseführer hieß es immer, dass es im Norden und Süden Gebirge gibt, was mich zu der steilen Annahme verleitete, dass die Mitte ja offenbar eher flach ist. War aber eine Fehlinterpretation. Die Autobahn A1 von Kutaisi nach Tbilissi ist zu großen Teilen noch nicht fertig. Die riesige Baustelle entlang der bestehenden Route sieht aus wie die der ICE-Trasse durch den Thüringer Wald. Brücken und Tunnel im ständigen Wechsel.
Die Militärparade, die wir eigentlich gern sehen wollen können wir schon mal abhaken. Der letzte Autobahnteil Richtung Hauptstadt ist dann aber doch schon fertiggestellt, es gibt sogar Raststätten und an einer sogar ein Wendy´s, dessen Besuch mir Susi aber verweigert. Gerade noch so im Zielzeitfenster der Gastgeberin Tamara nähern wir uns der Unterkunft, dann geht aber nix mehr. Aufgrund der Feierlichkeiten ist die drittletzte Straße abgesperrt, Versuche einen Schlenker zu schlagen enden in irgendwelchen steilen Sackgassen. Das blöde google maps hilft leider kein bisschen. Nach der dritten Runde schlägt es uns auf einmal eine sinnvoll erscheinende Alternativroute vor. Aber da ist die Straßensperrung auf einmal aufgehoben. Wir gelangen über verwinkelte Gassen, nicht, ohne ein paarmal Rangieren zu müssen, zu unserer Ferienwohnung. Dort steht der beschriebene Parkplatz wie fast befürchtet nicht zur Verfügung. Erst ab Abend, ich möge doch inzwischen woanders parken. Das ist in der Nähe an diesem Tag aber genauso aussichtslos. Nach kurzem Entladen drehe ich also in größer werdender Verzweiflung wieder meine Runden. Nicht ohne Feindkontakt (also, möglicherweise…). Irgendwann erlöst mich Tamara, indem sie mich über Whatsapp anruft und mitteilt, dass ein Parkplatz frei wäre.
Wir erfrischen uns kurz und stürzen uns dann ins Getümmel anlässlich des Unabhängigkeitstages (der ersten Georgischen Republik 1918-21). Der Freiheitsplatz und eine mehrspurige Straße, die Rustaveli Avenue, sind großräumig abgesperrt. Es gibt neben den obligatorischen Fressbuden (Kartenzahlung möglich!) mehrere Bühnen und vor allem viele kleinere Sachen, mit denen man sich die Zeit vertreiben kann. Von Schach über Fußballtennis und Weinverkostung bis zu VR-Achterbahnfahrten. Zu meiner großen Freude ist das alles nicht zu folkloristisch. Nachdem Ida ein Fähnchen zum Schwenken bekommen hat geht sie, im Wortsinn, total ab. Wird aber wieder eingefangen. Zu einem unerwartet großen Problem wird an diesem Abend noch das Abheben von Bargeld. Die ersten beiden angesteuerten Geräte sind Payboxen: da kann man offenbar zwar seine SIM-Karte aufladen, seine Gasrechnung bezahlen oder gar bitcoins kaufen. Aber eben keine Kohle holen. Die nächsten drei sind einfach leer. Was einem aber selbstverständlich bei zweien erst ganz am Ende mitgeteilt wird.
Als Höhepunkt möchten wir gern noch das Feuerwerk sehen, dass wohl um 22:00 stattfinden soll. Zuerst sitzen wir auf einer Tribüne rum, die unter unseren Hintern schon abgebaut wird, danach laufen wir durch ein paar Seitenstraßen, in denen wir zu Idas Freude auf einen Spielplatz stoßen. Um 21:53 startet plötzlich das Feuerwerk, wir klemmen uns das Kind unter den Arm um an eine Position mit Sicht zu gelangen. Als wir etwa drei Minuten später wieder auf dem Freiheitsplatz stehen ist aber alles schon vorbei.