What goes down must come up

Da heute ein Zweikomponententag geplant ist, liegt unser Übernachtungsplatz im Wald in der Nähe von Castellina Marittima, wo wir am Vormittag erstmal etwas wandern wollen. Der Platz hatte bei park4night weder Fotos noch Bewertungen, weswegen die sportwagenungeeignete Anfahrt uns zumindest deutlich die Stirn runzeln lässt. Wir sind die ganze Nacht allein, sehen am Morgen drei Jäger vorbeifahren und finden dann im Wald ihre und auch andere Hinterlassenschaften. Der Rundwanderweg „Sassi Bianchi Trekking“ führt gemütlich zu drei Aussichtspunkten, die Ausblicke auf Hügel und Meer eröffnen.
Am Nachmittag fahren wir nach San Gimignano, um etwas Kulturluft zu schnuppern. Beim Versuch, einen Tisch in einem Cafe zu ergattern werden wir vom Kellner mit „Solo due persone!“ zurückgewiesen, da wir Ida im Buggy auch am Tischchen parken wollen. Because the CoVid! Mein eloquentes“Due persone e una bimba!“ führt aber ebenso wenig zum Umdenken wie das Angebot des Herren am Nachbartisch, selbigen einfach ein Stück wegzurücken. Wir fanden bislang den Umgang der Italiener mit den Maßnahmen deutlich ernsthafter als zuhause, finden aber auch, dass dieser Herr etwas übertreibt. Zumal es im Rest der Stadt niemanden interessiert, wieviele Personen an irgendwelchen untertellergroßen Tischen sitzen… Kaffee und Eis genießen wir also woanders, an die Eisdiele mit dem angeblich besten Eis der Welt erinnere ich mich leider erst nach Kontaktaufnahme mit der Heimatund als es zu spät ist. Der Rückweg zum Auto ist dahingehend schwierig, dass wir unser Kind dauernd davon abhalten müssen, in irgendwelchen Souvenirläden irgendwelche bunten Marmorimitateier einzustecken. Der Gegenentwurf zur letzten Übernachtung ist diesmal ein Parkplatz in Ulignano, wo wir uns zwischen drei WoMos einreihen. Der Ausblick ist aber durchaus konkurrenzfähig.
Im Prinzip sind wir ab dem nächsten Morgen auf dem Heimweg, da wir uns langsam nördlich bewegen. Als erstes fahren wir nach Florenz. Aber nicht in die Stadt sondern zum Monte Cecero, der ein super Aussichtspunkt und ein Geheimtipp in Personalunion sein soll. Zudem der Ort, an dem Leonardo seine ersten Flugmaschinen testete. Bereits auf dem Weg zum Abstellplatz fürs Fahrzeug kommen uns aber solche Heerscharen von Wanderoutfitträgern entgegen, dass ich meine Leichtgläubigkeit gegenüber Handy-Apps mal wieder verfluche. Es relativiert sich aber alles, da wir auf dem kleinen Rundweg, an dem es auch etliche Tafeln über Leonardos Wirken und die vormalige bergbauliche Nutzung des Ortes gibt, genau zwei Personen treffen. Der Rest waren wohl doch nur Touris oder vielleicht auch Pilger. Die versprochene Aussicht auf Florenz ist in der Tat toll, sie fotografisch festzuhalten aber recht schwierig, da immer wieder Wolken die Sicht teilweise oder vollständig verdecken. Es regnet nicht, was sich netterweise erst nach Rückkehr ins Auto drastisch ändert. Im Regen fahren wir dann Richtung Viareggio, wo wir eigentlich zuerst zum Lago di Massaciuccoli (größter See der Toskana, wusste ich aber vorher auch nicht) wollen, der sich aber für unsere Zwecke als ungeeignet erweist, da er überwiegend sumpfig und hauptsächlich bei Vogelbeobachtern enorm beliebt ist. Stattdessen geht es ans ebenfalls nahe Meer in den Ort mit dem kurzen und einprägsamen Namen Marina di Torre del Lago Puccini (der hatte hier ne Bude an dem See). Dort treffen wir uns mit Freunden, die wir sonst eher selten treffen, da sie eine dreiviertel Stunde von uns weg wohnen. Bevor wir uns gemeinsam in die windgepeitschten Fluten des Mittelmeeres stürzen wird selbstverständlich noch brav am letzten Tag der Saison um 17:00 bei fast leerem Strand die Parkgebühr am Automaten entrichtet. Wie schon in Vada verzichtet Ida auf das Bad und nutzt lieber einen kleinen Spielplatz. Abends besuchen wir alle Da Renzo in Massarosa, wo unsere beiden Begleiter nur mit Mühe ihren männlichen Urtrieb zum kiloweisen Fleischverzehr unterdrücken und sich (nur fürs erste, einige Tage später gab es einen zweiten Restaurantbesuch, bei dem man in die Vollen ging) mit gemischten Vorspeisen und Pizza und Pasta zufriedengeben. Bevor wir uns nach tränenreichem Abschied auf den Heimweg machen kackt Ida noch zum ersten und einzigen Mal im gesamten Urlaub in die Hose.

Vamos a la playa

Wir werden am nächsten Morgen vom Trommeln der Regentropfen aufs Dach geweckt und verwerfen nach dem Studium diverser Wetter-Apps die Pläne für eine Wanderung. Stattdessen geht es anfangs aussichtsreich von oben zum Hafen von La Spezia und später trist und bei teilweise Starkregen zum erklärten Primärziel des Urlaubs, der Toskana. Um genau zu sein erstmal nach Livorno. Und um ganz genau zu sein eigentlich erstmal nur ins Einkaufszentrum Parco Levante. Hier entdeckt Ida neben ihrer bereits bekannten Vorliebe zu Spielplätzen auch die Freuden von (kostenverursachenden) Kinderfahrgeschäften. Dazu gibt es nach Ablauf des einen Euros kostenlos Geschrei und Bodenwerfen. Günstiger wird es anschließend bei Decathlon (Temperaturmessung beim Betreten!), wo sie verschiedene Laufräder ausgiebig testet und auch mit dem Einkaufskorb durch den halben Laden rennt, während Mama und Papa vergeblich hoffen, dass das Kind doch irgendwann mal anfängt, nach ihnen zu suchen…
Zum Schluss geht es noch zum Lebensmittelkauf. Der Erwähnung wert ist lediglich noch, dass beim abendlichen Verzehr der von der Mama ausgesuchten Surimisticks ( die mit einer McDonaldssauce gereicht werden, die vermutlich noch im Streifenwagen den Weg in die Kühlbox gefunden hatte) das Kind einen strengen Blick der Mama mit „Ich hampel nich!“ beantwortet. Worauf es ungelogen keine drei Sekunden dauert, bis es im Rahmen einer unverständlichen Körperbewegung mit dem Fuß die süß-saure Sauce durchs halbe Auto und gleichmäßig über Boden, Sitze, Rucksack und Mama verteilt.

In unseren gemeinsamen Urlauben kehren wir ja oft an Orte zurück, die einer von uns irgendwann schon mal besucht hat. Ida mal ausgeschlossen, auch wenn sie behauptet, im Juni mit Andi und Andrea schon in Italien gewesen zu sein… Am nächsten Tag ist es der weiße Strand von Vada, an dem ich erstmals 2002 meinen Adoniskörper der italienischen Sonne darbot. Statt das Auto halbwild an der Straße abzustellen kann man inzwischen einen Parkplatz nutzen, an dem es auch einen Kiosk gibt. Nur der Weg zum Strand ist immer noch so weit und die fliegenden Händler sind auch noch da. Nur verkaufen sie inzwischen statt Tamagochis (?) Bluetoothlautsprecher. Es ist wie oft etwas windig und ich bin froh, mich beim Aufbau der Strandmuschel nicht völlig zum Ei zu machen, aus Sicherheitsgründen wird aber angeordnet, dass die Muschel ständig mit mindestens einer Person zu besetzen ist. Ida ist das Meer suspekt, sie spielt lieber mit Sand und Steinen. Ein von uns nicht bedachtes Problem gilt es anschließend zu lösen, das Fehlen von Duschen. Mit elektronischer Fernunterstützung der Mitreisenden von 2002 und etwas eigener Sucherei finden wir in Cecina di Mare noch eine kostenlose Brause. Nur die Essenszeiten der Italiener haben sich in den letzten 20 Jahren nicht geändert und so ist gegen 17:30 Uhr noch nirgendwo was Warmes zu bekommen. Weswegen es Tagliatelle al Ragù vom Gaskocher gibt.

Über den Wolken. Und darunter. Und darin.

Morgens ist es immer noch bewölkt, die Sicht auf unserem fast 1000m hohen Stellplatz aber etwas besser als noch am Abend zuvor. Wie üblich reisen unsere Platznachbarn mit ihren VW-Bussen deutlich eher ab als wir. Als Tageshauptaufgabe ist eine Wanderung angedacht, deren Startpunkt nur schlanke 12 km Luftlinie entfernt liegt. Auf der Straße sind es über 30 km, deren letzte fünf über eine Schotterpiste (offizielle strada provinciale) führen, und für die wir eine gute Stunde brauchen.
Der Ausgangspunkt ist das Rifugio Lagoni auf 1360m, das blöderweise aber heute geschlossen hat. Von hier geht es halbwegs gemäßigt entlang mehrerer Bergseen bergauf, wobei der Weg teilweise ziemlich verblockt ist und zwar keine besonders gute Fitness aber ständig die volle Aufmerksamkeit erfordert. Als wir nach einer knappen Stunde am Lago Scuro auf 1550m angekommen sind, wird es immer dunkler und windiger. Die Stimme der Vernunft (aka Mama Susi) plädiert für eine Änderung der Routenplanung und einen Verzicht auf das angestrebte Angeberstatusbild mit Gipfelkreuz. Und so wird es dann auch gemacht, da das getragene Kind mangels eigener Bewegung ja nur auf seine Bekleidung angewiesen ist. Die angepasste Wanderung dauert auch nicht so viel weniger als ursprünglich geplant und gefällt uns im welligen Mittelteil am besten.
Die Weiterfahrt erfordert, (wie schon befürchtet) die Schotterstraße, und auch wieder nach Berceto zurückzufahren. Ab da rollen wir auf Reserve die Autostrada nach La Spezia hinab, wo wir beim Tanken die 100-Euro-Marke nur knapp verfehlen. Es soll von hier aus in den Nationalpark Cinque Terre (kannte bis dahin nur Cinque Torri und Cerro Torre…) gehen, um dort am nächsten Tag oberhalb der malerischen fünf Ortschaften zu wandern. Allein die Parkplatzsuche gerät aber schon zu einer kleinen Odyssee, da drei der fünf Orte nur über extrem enge Nebenstraßen zu erreichen sind und wir selbstverständlich auf der falschen Seite mit Suchen anfangen. Die möglichen Plätze sind in unseren Augen eher unbrauchbar, da wir nicht so gern 30 cm neben der Straße stehen und/oder bei 18° Neigung schlafen. Wir fahren also wieder zurück Richtung normalbreite Straßen, werden aber nochmals aufgehalten, als ein Baum quer über der Straße liegt. Mit vereinten Kräften wird aber ein Ende Richtung Leitplanke gezerrt, so dass man auf der Bergseite geradeso und mit Einweisung eines älteren Einheimischen durchfahren kann. Dieser Punkt beschäftigt Ida noch den ganzen Abend und auch die nächsten Tage: „Macht der Opa da???“ Glücklicherweise ist vor dem Friedhof von Manarola zwischen einem T3 und einem T6 noch genau ein Platz für uns frei und wir verbringen eine Nacht in himmlischer Ruhe.

Der Sonne hinterher

Am folgenden Tag fahren wir zum Iseosee, um dort den Sentiero degli Elfi, den Pfad der Elfen, zu wandern. Offenbar fahren italienische Elfen gern Vespa, denn weite Teile des Pfades verlaufen auf (zugegebenermaßen wenig befahrenen) Asphaltstraßen. Im oberen Bereich, rund um eine weitere Alpenvereinshütte und eine Kirche bin ich dann aber doch froh, dass meine Wanderschuhe gerade noch rechtzeitig vom Neubesohlen zurückgekommen sind. Da ewig das Panorama aus der Tourenbeschreibung nicht zu finden ist und ich schon Schwindelei wittere, sehe ich mich genötigt, mal kurz über (vermutlich) privates Gelände zu stapfen, um ein paar Fotos zu machen. Susi missbilligt das deutlich, stapft aber hinterher. Müßig zu sagen, dass nach weiteren drei Minuten Wanderung sich nochmal der selbe Blick direkt vom Weg aus ergibt.

Zurück am Auto sind wir der Meinung, uns ein Bad und ein Eis verdient zu haben, die Umsetzung des ersten ist aber gar nicht so einfach, da weite Teile des Seeufers (ähnlich wie am Nordufer des Gardasees) zwecks Befestigung der Straße zubetoniert sind. Ein Versuch schlägt fehl, da der passende Parkplatz keinen Ticketautomaten besitzt. Der Blick hinter die Frontscheiben anderer Autos hilft nicht unbedingt weiter (einmal Anwohner, einmal nix, einmal ein lottoscheinähnliches Etwas), erst ein gut zwischen den Bäumen verstecktes Schild gibt Aufschluss, dass die Tickets in verschiedenen Bars erworben werden können. Wir parken woanders kostenlos bekommen dafür aber auch nur den Hundestrand. Das Eis ist aber lecker.

Bevor es am nächsten Tag Richtung Meer weitergehen soll besuchen wir Bergamo. Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf die (touristische) Oberstadt, die (sehr zu Idas Freude) mit einer Standseilbahn erreicht wird. Idas Buggy (Modell: Regenschirm) lässt sich über die grob gepflasterten Sträßchen mehr schlecht als recht manövrieren, weswegen alsbald eine Lokalität mit coolem Hipsterfood aufgesucht wird. Es gibt Lasagne mit Pesto und TAAAC mit Ofenkartoffeln. Wieder im Auto wird noch kurz am Stadionparkplatz angehalten und der nächste Übernachtungsplatz im Apennin ausgewählt. Schon der zweite Versuch in der Nähe des Örtchens Berceto passt dann auch und belohnt auch noch mit schöner Aussicht. Die vielen Wolken mal rausgerechnet…

Ab in den Süden

Die ganzen Beiträge vom Juniurlaub fehlen noch – und trotzdem ist schon wieder September. Einigermaßen frisch durchgeimpft soll es mal wieder etwas weiter weg gehen. Zwar waren die letzten Augusttage angenehm warm, wir wollen aber auch nachts noch mal ordentlich schwitzen und fahren also Richtung Italien. Da Susi nur noch wenige Tage Resturlaub hat (Augen auf bei der Berufswahl!) fahren wir Freitag Abend noch los und kommen ziemlich stau- aber nicht blitzfrei bis südlich von Kufstein. Dass der gewählte Parkplatz eigentlich kostenpflichtig ist erahnt nachts um 1 Uhr nur Susi, den Ticketautomaten sehen wir erst am nächsten Morgen, ignorieren ihn aber erneut. Dazu muss man sagen, dass der benutzte Parkplatz sich halb im Wald und nur in der Nähe einiger Gehöfte befindet.
Während wir in Innsbruck tanken und noch ein paar Lebensmittel einkaufen (Ida beschwert sich über das Fehlen von Kindereinkaufswagen) knäuelt sich auf dem Brenner und darüber hinaus schon wieder alles zusammen, so dass die weitere Fahrt eher zäh ist und ich zudem an der ersten Raststätte in Italien auch noch Idas Mütze liegen lasse. Aber vielleicht ist das auch die Strafe dafür, dass sie das Angebot, ein Stück Pizza zu essen, mit „Ich mechte Birger!“ beantwortet.
Unsere sportliche Aktivität des Tages ist ein Klettersteig mit Zaun. Südwestlich von Bozen, im Örtchen Sanzeno, führt er auf der ehemaligen Trasse einer Wasserleitung hinauf zum Sanktuarium San Romedio, das auch einen Bärenzwinger (mit genau einem Bären) besitzt. Entlang des Weges sind Hunderte von Kreuzen aufgestellt, die aus Zweigen oder Ästen gebastelt wurden, dazwischen immer wieder die Fotos Verstorbener.
Wir übernachten in der Nähe, am Lago di Santa Giustina, der leider aufgrund seiner Funktion als Stausee kein Baden erlaubt. Was aber wiederum den Vorteil hat, dass riesige Parkflächen anstandslos von Campern genutzt werden können und wir auch am nächsten Tag mal vor dem Auto frühstücken (was ja sonst eher selten ist). Das Laufrad wird ebenfalls gut genutzt. Um das Bademanko zu kompensieren fahren wir zum Gardasee, baden und bekleckern uns anschließend mit Eis in Malcesine und speisen am Abend regionskonform in Peschiera, bevor wir nach mehreren Fehlversuchen bei der Parkplatzsuche vor der Vereinshütte eines Alpenvereins ganz in der Nähe von Brescia abparken. Wir müssen aber noch fast eine Dreiviertelstunde warten, bevor irgendwelche diskutierenden Kettenraucher endlich den einzigen halbwegs ebenen Stellplatz freimachen.