Horrido Joho

Horrido Joho war der Schlachtruf der Feldjägertruppe, bei der ich als Soldat gedient habe. Auch wenn keiner von uns beiden in einem Auslandseinsatz der Bundeswehr war, sagte jedem von uns der Kosovo was. Prizren und Pristina waren gerade mir ein Begriff, da viele meiner damaligen Kameraden dort waren. Den Einen oder Anderen hatte ich zum Flughafen gefahren oder wieder abgeholt. 

Da wir letztes Jahr bereits von Sarajevo sehr positiv überrascht waren, wollten wir uns dieses Jahr den Kosovo anschauen. Prizren lag am nächsten zur Grenze von Albanien und wurde in unserem Reiseführer auch als kulturell sehenswert beschrieben. Unser Navi loste uns in die Nähe des Stadtzentrums von Prizren. Den Kinderwagen ausgepackt und schon ging es in die Richtung, die uns das Navi als Zentrum anzeigte. Wir sahen ein paar Gemüsegeschäfte, enge Gassen, Mülleimer ohne Boden und fünf komische Gestalten, welche uns folgten. Zum Glück waren wir schnell wieder auf der Hauptstraße und dann im echten Zentrum von Prizren. Viel kleine Cafés reihten sich aneinander, außer uns schienen sich aber nur Einheimische hier zu tummeln. Es war schließlich Sonntag. Sehenswert war neben der Moschee besonders die Stromleitung sowie die Zehnerpackung Eclairs für einen Euro. So richtig kulturell wie ich es mir vorgestellt hatte und wie es der Reiseführer versprach, empfanden wir es nicht. Wir entscheiden uns noch in Richtung Pristina zu fahren. Micha hatte dort einen Übernachtungsparkplatz vor einem Bärengehege mit WLAN gefunden. Wir fanden dort auch ein super schickes Restaurant, welches von Sonntagsbesuchern wimmelte. Wenn man das so sah, mochte man nicht denken, dass wir im Kosovo sind. Allgemein haben wir keine Anzeichen für Krieg sehen können. Alles war neugebaut oder im Aufbau. Ganz anders als in Sarajevo, wo man die Einschusslöcher noch sehen konnte. Das Einzige was noch erahnen ließ, was hier mal los war, war die streifefahrende KFOR Truppe in Pristina.

Pristina schauten wir uns nach einer kalten Nacht (5 Grad) an. Hier fanden wir zumindest eine Touristik Map und auch das was wir unter Kultur verstehen. Alles in allem ist der Kosovo auf jeden Fall sehenswert, die Landschaft ist sehr schön und er ist kaum von Touristen besucht. Nach einem Bummel durch die Altstadt machten wir uns auf dem Weg nach Skopje.

Auf den Spuren Bunjakus

Ich hatte während unseres Wohnungsaufenthaltes nicht nur einen Beitrag online gesetzt, sondern auch nicht unerhebliche Zeit auf die Auswahl eines Übernachtungsplätzchens mit Bademöglichkeit aufgewendet. Es sollte der Skutarisee sein, der auf montenegrinischer Seite Natur- und Artenschutzgebiet ist, auf albanischer gar nichts. Der Weg dahin war schon leicht abenteuerlich, nicht wegen des Grenzübertritts, sondern wegen der doch ganz anderen Interpretation des Miteinanders im Straßenverkehr der Albaner. Alles, was ich bisher in Italien erlebt habe, selbst in Neapel, ist da Pupmannskram dagegen. Der Platz am See war (wie erwartet) einigermaßen vermüllt, ziemlich flach und mit schönem Ausblick auf die umliegenden Berge. Durch den niedrigen Wasserstand des Sees war das Ufer komplett verschlammt und mit abgestorbenen Wasserpflanzen bedeckt, Baden fiel schon mal aus. Als es beim Öffnen der Autotür dann auch noch fröhlich summte hatte es sich für Susi sowieso erledigt. Leicht vergnatzt drückte ich ihr das Handy in die Hand um was anderes rauszusuchen. Sie lotste uns ans Meer zum Strand von Shëngjin. Es gab mehrere Möglichkeiten zum Parken, teilweise direkt am dunklen Sandstrand, an dem auch schon Fischer zugange waren. Laut Reiseführer ist der Bereich im Sommer eine Touristenhochburg, was wir uns gar nicht recht vorstellen konnten, da einerseits unheimlich viel gebaut wird, es aber gleichzeitig auch total verwahrloste, verlassene Ecken und Gebäude gibt. Wir fuhren also nach kurzer Pause wieder weiter und entschieden uns dann für einen Schotterplatz in der Lagune von Patok. Ich hatte noch kurz die Möglichkeit zum Angeln bevor wir einen schönen (und wie immer kurzen) Sonnenuntergang bewundern durften. Gefangen habe ich nichts, dafür aber jede Menge Krabben gesehen, für deren Fang und eventuelle Zubereitung mir aber Kenntnisse und Werkzeuge fehlten.
Wie schon zuletzt, wenn die Platzsuche mal wieder länger dauerte, waren nicht nur wir, sondern auch das Kind deutlich gestresst. Einzige Möglichkeit um etwas Ruhe auf die Rückbank zu bekommen ist dann Singen der Mutter. Was dann aber weiter an meinen Nerven zerrt. Nicht, weil sie mal einen Ton nicht trifft, eher wegen des, sagen wir mal, überschaubaren Repertoires.
Am nächsten Tag ging es nach Tirana, das nur noch eine gute halbe Stunde entfernt war. Bis dahin war Albanien zwar keine Enttäuschung gewesen aber eben doch anders als wir es uns vorgestellt hatten. Einzelne Orte gibt es, gerade am Meer, faktisch nicht. Alles geht ineinander über, schon eine ruhige Stelle für eine kleine Pause zu finden ist schwer. Da man ja mit seinen Aufgaben wächst, schlängelte ich mich schon fast in Einheimischenmanier durchs Gewühl und wurde auch mehrfach angehupt. Das ist hier ein Zeichen der Anerkennung und hört man ständig.
Nach den recht chaotischen Außenbezirken (an großen Kreisverkehren regelt die Polizei den Verkehr) wurde es im Zentrum etwas entspannter und wir fanden eine Shoppingmall mit Tiefgarage. Von hier aus drehten wir eine größere Runde mit dem Kinderwagen und speisten auch sehr gut und sehr günstig im SpaghettiWestern .
Am Nachmittag ging es noch knapp 100 km nach Norden, wo wir in der Nähe der Stadt Kukës auf einer kleinen Bergkuppe übernachteten. Gegen Mitternacht machte ich fast das, was sonst nur Ida macht, als direkt neben unserem Auto ein Hund losbellte.

Der erste Stempel in Idas Reisepass

Den Blick auf Montenegro hatten wir ja bereits seit gestern Abend. Am nächsten Morgen ließen wir es ruhig angehen. Micha montierte endlich den langversprochenen Mückenvorhang.

Gegen Mittag passierten wir die Grenze zu Montenegro. Im Gegensatz zu allen bisherigen Grenzen legt man hier noch Hand an, keine Autospuren mit Lichtreklame, nein ein einfacher Schlagbaum war vorhanden. Nach kurzem Warten kam ein Herr und nahm unsere Pässe mit. Dann hörten wir ein Geräusch was ich sonst nur von Arbeit kenne, wenn ich meinen Namensstempel setze. Zack hatten wir alle einen Stempel im Reisepass.

Als erstes Ziel für Montenegro hatten wir uns die Bucht von Kotor gesetzt. Der Weg dahin war gezeichnet von einsamen Straßen, Obstverkäufern, Ziegen, wilden Hunden und ganz viel Müll! 

In Kotor angekommen, war von der Einsamkeit keine Spur mehr. Selbst in dieser kleinen Bucht wimmelt es von Aidajanern und Meinschiffern. Kotor ist sehr schön und eines der schönsten Flecken die wir in Montenegro gesehen haben. Nach einem Stadtbummel und einem Eis suchten wir uns einen Platz für die Nacht. Was leider nicht so einfach war. Nach unzähligen Anläufen, Durchquerung des Lovcen mittels Serpentinen und 20 Bummi Bär Liedern um Ida zu beruhigen (natürlich alle selbst gesungen) waren wir an einem Aussichtspunkt über der Stadt Budva und Sveti Stefan angekommen. Der Blick am nächsten Morgen war sehr schön und entschädigte die Irrfahrt des letzten Abends.

Da ein allgemeiner Waschtag mal wieder nötig war, hatte ich ein schickes Airbnb in Podgorica gebucht. Ein abendlicher Spaziergang über die Millennium Brücke sowie ein leckeres Essen rundeten unseren Tag in Podgorica ab. Am nächsten Tag nach einer unruhigen Nacht ging die Reise in Richtung Albanien weiter.

Von Kreuzfahrern umzingelt

In den nächsten Tagen sollte deutlich weniger Auto gefahren werden, weswegen wir uns mit dem Ausschlafen und dem Frühstück Zeit ließen, bevor wir Richtung Split fuhren. Wir parkten zu durchaus mitteleuropäischen Preisen in der Nähe des Hafens und wollten uns dann eigentlich den Diokletian Palast etwas näher anschauen. Trotz Nachsaison und des Limits von zwei Kreuzfahrtschiffen pro Tag waren die engen Gassen aber sehr gut gefüllt, weshalb wir mit dem Kinderwagen darauf verzichteten. Stattdessen suchte ich mir im Yachthafen Inspiration für mein zukünftiges Gefährt für den Gröberner See.
Wir verbrachten die Nacht auf einem Platz, an dem laut unserer schlauen App etwa zwei Autos pro Stunde vorbeifahren. Nach einer Viertelstunde und zwanzig Fahrzeugen ließen wir das Zählen aber sein. Am nächsten Tag ging es ins nur etwa 80 km entfernte Mostar, das wir im vergangenen Jahr ausgelassen hatten. Für die Strecke benötigten wir, bedingt durch Gebirge, Grenze und Straßenzustand deutlich über zwei Stunden. Der Kern der Altstadt ist schon sehr schön, wenngleich auch sehr touristisch, das verwendete Pflaster (Typ Nagelbrett) macht aber das Schieben des Kinderwagens zur Tortour. Wir drehten daher mit etwas Abstand eine Runde um die Altstadt konnten dadurch die berühmte Brücke auch besser sehen. Leider war kein Brückenspringer in Aktion zu erleben, die asiatischen Freunde waren offenbar nicht bereit ordentlich Mark zu investieren.
Abends führte uns die Fahrt (dank des Exklavencharakters) über drei Grenzen bis in die Nähe von Dubrovnik, das wir am nächsten Tag besuchten. Wegen des anhaltend warmen Wetters und des unserer Meinung nach klar erkennbaren Unmuts unseres Kindes, im Wagen zu liegen wurde der Kinderwagen etwas umgebaut. Ida kann nun deutlich mehr sehen, ist zudem festgeschnallt, was die Mutter zusätzlich beruhigt. Die Altstadt von Dubrovnik ist grabenförmig, von den Längsseiten kommt man nur über Treppen weiter, was einen größeren Bogen erforderte um an der Stirnseite in die pieksaubere und offensichtlich komplett restaurierte Cafe-, Souvenir- und Museumsmeile ebenerdig vorzudringen. Bei Kaffee und Apfelkuchen (für Ida das Übliche) beobachteten wir die vorbeiströmenden Besuchermassen von denen recht offensichtlich ein Großteil per Schiff angereist war. Wir fuhren noch ein kleines Stück die Küste runter und fanden einen recht schönen Platz auf einer kleinen Halbinsel der gegenüber schon montenegrinisches Ufer liegt und wo wir am anderen Morgen auch baden gehen konnten.

Ritter desRadkreuzes

Eigentlich fehlt ja noch mindestens ein Beitrag aus der Schweiz, aber da mich Cliffhanger-Susi etwas in Zugzwang gebracht hat, geht es erstmal hier weiter.

Der zweite Morgen begann mit einem gehörigen Schrecken, als wir beim Bremsen im Auto unschöne Geräusche hörten, die kurz darauf als abgefahrene Bremsbeläge diagnostiziert wurden. Da wir ja irgendwie noch mehr vor hatten konnte das nicht so bleiben, und wir entschieden während unseres Spazierganges durch Salzburg (das ich eher so mittel fand, kann aber auch an meiner Abneigung gegenüber gewissen Getränkeproduzenten liegen), so schnell wie möglich Ersatz zu besorgen..Bei ATU waren die Beläge leider nicht vorrätig, also zu Opel. Die hatten sie auch da, zum Preis möchte ich aber lieber nichts sagen. Nur soviel: bei gutem Licht kann man den Goldstaub glitzern sehen, aus dem sie hergestellt wurden. Zeit für einen Einbau war leider nicht, da wir für die Nacht schon in Karlovac in Kroatien eine Unterkunft gebucht hatten.

Wenn wir schon nichts für unser Auto tun konnten (außer möglichst wenig bremsen) so blieb uns immerhin die Möglichkeit, den Ausbau und die Instandhaltung des europäischen Fernstraßennetzes zu fördern. Mit dem Erwerb der österreichischen und slowenischen Vignette (für den Bus unverschämt teuer) sowie diversen zusätzlichen Abgaben für Tunnel oder Autobahnabschnitte machten wir davon reichlich Gebrauch.

Das airbnb in Karlovac war richtig schick eingerichtet, weswegen wir beschlossen, Vermieterin Dijana noch etwas Gutes zu tun, und in ihrem Restaurant im Erdgeschoss zu Abend zu essen. Da sich Ida in der Öffentlichkeit meist als braves Kind präsentiert hatten wir auch keine Bedenken, sie mitzunehmen. Blöd war, dass wir die einzigen Gäste waren, was wohl auch dem Baby nicht entging und es daher alsbald laut und fröhlich vor sich hin schrie.

Am nächsten Tag fuhren wir bis an die Küste, nach Zadar, wo auf dem Parkplatz eines Baumarktes die Bremsen frisch gemacht werden sollten. Ich hatte zwar eine Grundausrüstung an Werkzeug dabei, fehlende Spezialteile konnten aber so bei Bedarf noch schnell nachgekauft werden. Rad und Bremssattel bekam ich nach einer ersten Runde durch den Baumarkt dann auch flott runter, das Zurückdrücken der Bremskolben ging aber irgendwie nicht. Also wurde irgendwie geklemmt und gehebelt, bis es ordentlich schnackelte, ich fluchend über den Parkplatz sprang, den Handschuh von meiner Hand zerrte und rund ums Auto alles mit Rot volltropfte. Nachdem die kinderwagenschiebende Susi zurück war und mich verarztet hatte konnte ich weiteres Werkzeug kaufen, dieses für meine Zwecke modifizieren und die Reparatur fertigstellen.

Wir fanden einen schönen Platz an einer Bucht zwischen Halbinsel und Festland, und nachdem alle versorgt waren konnte ich mich voll und ganz meiner schmerzenden Hand hingeben. (War etwas geschwindelt, hab mir zwei Ibu eingeworfen)