Das neben uns übernachtende Gleitschirmfliegerpärchen ist beizeiten wach und hat nach einem Expressfrühstück schon den Platz verlassen, als wir uns noch dreimal umdrehen. Der Vivaro, mit dem sie unterwegs sind, weckt bei uns allerdings schon nostalgische Erinnerungen. Da nun noch mehr Platz ist darf Ida nach dem (größtenteils verschmähtem) Frühstück sich etwas mit dem Laufrad austoben.
Nach dem Zähneputzen geht es weiter Richtung Lake District, wo in Kendal bei McD eigentlich ein Toilettenstopp eingelegt werden soll. Das scheitert allerdings daran, dass sich besagtes Etablissement in der Innenstadt befindet und somit keine Parkplätze bietet. Das aufgeschobene Geschäft wird etwas später nachgeholt, das angepriesene Visitor Centre des Lake District National Park besteht aber offenbar nur aus einem Regal mit Werbe-Flyern. Aber es gibt einen Geldautomaten, der lustiges britisches Kunststoffgeld ausspuckt, dass uns aber in Kürze auch nicht weiterhelfen wird. Als nämlich der angestrebte Parkplatz in der Nähe von Keswick erreicht wird akzeptiert dieser nur Münzen. Keine Kreditkarte (wie bislang alle anderen Automaten) und auch keine Banknoten. Man kann nur vermuten, dass die vermeintliche Ü60-Zielgruppe des Lake District offenbar jederzeit eine Handvoll Klimpergeld mit sich führt. Der scharfsinnige Versuch, mit dem Erwerb von regionalen Köstlichkeiten (Salted Caramel Fudge, so Plombenzieherdinger, echt lecker) in den Besitz von Kleingeld zu kommen wird allerdings gnadenlos abgeschmettert. Also wird unter starken Schmerzen (die sich, nach aktuellem Stand, als völlig unbegründet herausstellen) einer der wenigen unbeschilderten Plätze neben der schmalen Straße aufgesucht und auch für die nächsten knapp drei Stunden verwendet.
Unser Wanderziel ist der (Aussichtsbuckel) King’s How, der 1,5 km und etwa 270hm entfernt ist. Auch ohne Mathematikstudium lässt sich erahnen, dass der Weg nicht gerade flach ist. Trotzdem zieht Ida bergauf durch und benötigt nur bei größeren Stufen unsere Hilfe. Am Gipfelchen erwartet uns ein recht nettes Panorama über das Derwent Water, das aber aufgrund semischönen Wetters etwas eingeschränkt ist. Gelohnt hat es sich aber in jedem Fall. Nach der Gipfelbrotzeit hat Ida allerdings leichte Motivationsprobleme, vor allem da der Wind uns inzwischen ziemlich laut um die Ohren pfeift. Mit gutem Zureden, leeren Versprechungen, leeren Drohungen und vor allem 50% Tragen schaffen wir es dann aber doch recht zügig zum Auto, das wundersamerweise weder geklaut, noch abgeschleppt, noch ausgeräumt noch plattgestochen ist…
Mit zwei kaputten, schlafenden Damen geht es erst kurz an die Küste und dann weiter nach Norden. In Maryport gibt es zwar massig Parkplätze aber sonst wenig Einladendes. Wir finden aber zufällig einen als Feen-Pfad ausgeschilderten und mit allerlei Kleinkram dekorierten Weg, den Ida mit großen Augen abläuft. Kurz vor der schottischen Grenze in Carlisle wird dann ein eigentlich als Pullerstopp geplanter Abstecher zum abendlichen Einkauf bei asda. Das frisch ausgeruhte Kind rennt schreiend durch den mit Globus vergleichbaren Supermarkt und packt haufenweise Marmeladen und Gelees in den Einkaufswagen. Den Salted Caramel Aufstrich nehmen wir dann auch mit…Da brauchbare Plätze eher rar sind, dauert es aber noch etwas, bis wir unsere endgültige Parkposition zwischen Lockerbie und Moffat erreicht haben.
Abends war es recht spät, also wird es das morgens auch, wir fahren erst kurz vor 11 Uhr los. Um nicht nur zu wandern soll heute auch mal etwas für die Bildung getan werden und wir besuchen das Weltkulturerbe New Lanark, in dem der Sozialreformer Robert Owen u.a. Anfang des 19. Jahrhunderts den ersten Kindergarten Großbritanniens einrichtete. Das ganze Areal ist großartig restauriert, es gibt neben den eigentlichen Museumsräumen auch einen Kinderspielplatz und einen Naturlehrpfad entlang des Clyde. Spielverderber mal wieder: das Wetter. Aber es gibt ja auch eine Kantine und wir lassen uns etwas typisch Schottisches schmecken: Pizza Hawaii. Also ich natürlich nicht, ich hatte Pizza Meat Feast. Anschließend halbieren wir noch die Entfernung nach Glasgow (1h->30min) und stellen uns auf den Parkplatz des Barons Haugh Nature Reserve. Den angekündigten kingfisher (Eisvogel) können wir auf unserem abendlichen Spaziergang leider nicht erspähen aber immerhin einen jungen Rehbock und 7000 braune Nacktschnecken.