28 Pfund später

Unser erstes Ziel am nächsten Morgen ist nur etwa zwanzig Minuten entfernt, der Upper Car Park im Glen Nevis. Von hier aus führt ein etwa zwei Kilometer langer ziemlich holpriger Weg zu den Steall Falls, dem zweithöchsten Wasserfall Schottlands. Bergauf läuft Ida ziemlich zügig, obwohl die Wasserablaufrinnen, die hier in Stein statt in Holz ausgeführt, und bis zu 40cm breit sind definitiv nicht für Kinderbeine konzipiert wurden. Im letzten, flachen Teil der Strecke kommt dann schon Lustlosigkeit auf und als wir ihr erklären, dass es nicht möglich ist, dass sie allein oder wir mit ihr zusammen den Fluss auf einer Seilbrücke überqueren, wird erstmal hemmungslos gebockt. Der höchste Berg Großbritanniens, Ben Nevis hüllt leider die ganze Zeit seinen Gipfel in Wolken. Auf dem Rückweg muss Mentalcoach Mama dann wieder Überstunden machen. Für die Weiterfahrt holen wir uns noch Kaffee und Cookies bei McDonalds, wo die Kontaktlosfunktion meiner Visa wieder nicht funktioniert. Entlang des Caledonian Canal und Loch Ness fahren wir weiter nach Norden und fahren auf den Parkplatz von Urquhart Castle. Das fand ich im Reiseführer ganz interessant, die 250 anderen Deutschen, die da sind offenbar auch. Vor dem Ticketoffice wird schon wild diskutiert, ein Blick auf Uhr und Aushang zeigt, dass es 17:10 ist, das Gelände 18:00 schließt und der letzte Einlass 17:15 stattfindet. Also zügig angestellt und mit nicht funktionierender Kontaktlosfunktion der Kreditkarte aufgefallen. Der Kassenmann gibt noch zu Bedenken, dass es dringend erforderlich sei, um 17:30 wieder im Visitor Centre zu sein, nimmt unsere zweimal 14 Pfund trotzdem gern. Wir stürmen also über das Gelände wie seinerzeit der MacDonald Clan, sind pünktlich zurück und können noch die letzte Filmvorführung des Tages miterleben. An deren Ende fährt die Leinwand nach oben und die Vorhänge zur Seite. Durch ein Panoramafenster blickt man auf die Burg(-ruine), was schon ziemlich cool ist. Wir fahren dann noch bis Inverness und ein kleines Stück weiter auf die Black Isle. Die ist zwar nicht schwarz sondern grün, allerdings auch nur ein Halbinsel.
Der Übernachtungsplatz war definitiv der schlechteste bisher, einfach aufgrund der Nähe zur Straße. Diese war zwar nicht viel- aber dafür schnell befahren, was für ordentlich Geräuschpegel sorgte. Inverness hatte im Reiseführer ein Eselsohr bekommen, vermutlich aber nur wegen Schlachtfelds von Culloden. Dort fahren wir heute als erstes hin und legen auch hier 28 Pfund Eintritt auf den Tresen. Möglicherweise umsonst, da wohl nur das Museum kostet, wir aber hauptsächlich am Freigelände interessiert sind. Zumindest bewahrt uns das Museum davor, richtig nass zu werden (wie viele Andere) und wir legen noch einen Stopp in der Cafeteria ein bevor wir das gar nicht so große Gebiet zwischen den Frontlinien (gemessen daran, dass sich hier 12000 Mann gegenüberstanden) bei immer noch ordentlich Wind erwandern. Wie schon bei Urquhart Castle sind wir uns einig, dass man hier Geschichte sehr gut transportiert.
Bis in den Cairngorms National Park ist es gar nicht so weit, nach einem kurzen Stopp zum Getränkekauf in Aviemore fahren wir zum Loch an Eilein ganz in der Nähe. Es gibt einen Rundwanderweg von fünf Kilometern, den Ida mit dem Laufrad bewältigt. Meistens 50 Meter vor uns, unser „Stop!“, „Halt!“ oder „Langsam!“ ignorierend oder 50 Meter hinter uns, mit auf den Lenker gesunkenen Kopf, hadernd und jammernd.
Wir fahren noch ca. 25 Minuten und nehmen unser Abendessen an einem vom Straßenlärm meilenweit entfernten aber aufgrund des Windes ziemlich schaukeligem Stellplatz ein.

Nicht Glasgow, stattdessen nach Oban

Alles was heute schief gehen kann geht offenbar zunächst auch erstmal schief. Nachdem ich mein letztes morgendliches Läufchen vor genau einer Woche abbrechen musste, weil es in der Wade zog, will ich heute ein Stück laufen, da der Schmerz eigentlich nur noch latent vorhanden ist. Ich schaffe zwar zwei statt einem Kilometer, ab da kann ich aber wieder nur zurückhumpeln. Beim Frühstück vermeldet uns das Internetz, dass die Hip & Hop Busse in Glasgow heute leider nicht fahren. Viele Straßen sind aufgrund des Race for Life gesperrt, weswegen es uns auch wenig klug erscheint, mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Also wird Glasgow erst mal aufgeschoben und wir fahren weiter Richtung Loch Lomond. Wo es in Strömen regnet, weswegen wir hier auf eine Wanderung verzichten. Da wir die Tankstellen im Großraum Glasgow wegen vermeintlich zu hoher Preise ignoriert haben gewinnt außerdem das Tanken immer mehr an Priorität. Laut Navi ist bei 70 Meilen Reichweite die nächste Tanke nur noch 21 Meilen entfernt. Die am Loch Long gelegene Gulf akzeptiert aber dummerweise unsere Visa Debit Karten nicht (ein Problem, was sonst eigentlich nur an den Ladeterminals bei DB Casino auftritt), meine alte Kreditkarte scheint mittlerweile deaktiviert worden zu sein und andere Zahlungsmöglichkeiten gibt es nicht. Nächste Tanke am nächsten Ziel in Inveraray, nochmal knapp 20 Meilen. Das Auto zeigt inzwischen nur noch Bitte Tanken an, auf der Mercedes Me App gibt es noch etwas länger einen genauen Wert aber dann auch nur noch <50km. Müßig zu erzählen, dass an der einzigen Zapfsäule der Tankstelle in Inveraray ein durchweichtes Schild mit der Aufschrift Closed until Monday 8:00 am hängt…

Zu diesem Zeitpunkt ist es etwa Sonntag Mittag. Also laufen wir nach kurzer Stärkung durch das pittoreske Örtchen und erstehen für Ida bei Dewar’s Bootstore ein Mini Mac in a Sac. Die Farbe darf sie sich selber aussuchen. Gelb. („Ich bin ein Bauarbeiter!“) Solchermaßen gegen die Feuchtigkeit gewappnet laufen wir zuerst zum Schloß (das von Weitem ziemlich schick, von Nahem doch durchaus angegammelt aussieht) und weiter zum Aussichtspunkt Dun Na Cuaiche. Wo die Aussicht so ziemlich gegen Null tendiert. Dabei ringen wir mal wieder hauptsächlich mit der Motivation des Kindes. Die gefühlte Geschwindigkeit beträgt zeitweise 1 Minute Überzeugungsarbeit/ 10 Meter Laufen. Am Ende das Tages ist sie über 8,5 km gelaufen, dass ihr was wehtut oder sie nicht mehr kann haben wir übrigens kein einziges Mal vernommen. Am Abend wärmen wir uns ordentlich mit Hühnersuppe aus dem örtlichen Co-Op (daily 6:00 am -10.00 pm  leider kein Diesel im Sortiment) auf und hoffen auf Montagmorgen. Der Co-Op Parkplatz verbietet Overnightparking, wir haben also in einer dunklen Ecke des Ortes übernachtet. Um kein Risiko einzugehen, haben wir nochmal Bargeld geholt, allerdings umsonst, da die Tankstelle anstandslos Susis Visa Debitkarte akzeptiert. Wir fahren etwa 40 Meilen bis nach Oban, das laut Reiseführer als Tor zu den Hebriden gilt und laut selbstgemaltem Schild die Seafood Capital of Scotland ist. Ersteres lässt sich ziemlich gut bestätigen, da Ida mit mir das fast zeitgleiche Anlegen der Fähren Isle of Mull und Isle of Lewis beobachtet. Beim zweiten wird es schon etwas schwieriger, da gewisse Personen doch gern drinnen speisen möchten, was uns zu Wetherspoon führt. Wo nach unserem Platznehmen erst einmal gar nichts passiert und wir von allen Angestellten ignoriert werden. Ein erneuter Blick in die Speisekarte offenbart, dass man nur über die Website (QR-Code führt bei mir zu einem fehlerhaften Seitenaufruf) oder die App bestellen kann. Also wird die App installiert, kurz gerätselt, ob wir Tisch 6 oder 9 sind und die Bestellung direkt per PayPal bezahlt. Innerhalb einer Minute steht dann auch ein Pint of Carling vor mir. Nach dem Essen besuchen wir nochmal das Fährenterminal (saubere Toilette) wo Ida unser sämtliches Kleingeld in so einem Trichtergroschengrab zugunsten des 50. Dienstjubiläums irgendeines Küstenrettungsbootes versenkt. Euromünzen rollen teilweise richtig lange, Sterling rattert und plumpst ziemlich schnell ins Loch. Als Verdauungsspaziergang wählen wir noch eine kleine Runde zum colloseumsartig wirkenden McCaig´s Tower, einem Aussichtspunkt über der Stadt. Wir fahren weiter nach Norden und übernachten in der Nähe von Fort William.

Digitalisierung 2.0 – english version

Das neben uns übernachtende Gleitschirmfliegerpärchen ist beizeiten wach und hat nach einem Expressfrühstück schon den Platz verlassen, als wir uns noch dreimal umdrehen. Der Vivaro, mit dem sie unterwegs sind, weckt bei uns allerdings schon nostalgische Erinnerungen. Da nun noch mehr Platz ist darf Ida nach dem (größtenteils verschmähtem) Frühstück sich etwas mit dem Laufrad austoben.
Nach dem Zähneputzen geht es weiter Richtung Lake District, wo in Kendal bei McD eigentlich ein Toilettenstopp eingelegt werden soll. Das scheitert allerdings daran, dass sich besagtes Etablissement in der Innenstadt befindet und somit keine Parkplätze bietet. Das aufgeschobene Geschäft wird etwas später nachgeholt, das angepriesene Visitor Centre des Lake District National Park besteht aber offenbar nur aus einem Regal mit Werbe-Flyern. Aber es gibt einen Geldautomaten, der lustiges britisches Kunststoffgeld ausspuckt, dass uns aber in Kürze auch nicht weiterhelfen wird. Als nämlich der angestrebte Parkplatz in der Nähe von Keswick erreicht wird akzeptiert dieser nur Münzen. Keine Kreditkarte (wie bislang alle anderen Automaten) und auch keine Banknoten. Man kann nur vermuten, dass die vermeintliche Ü60-Zielgruppe des Lake District offenbar jederzeit eine Handvoll Klimpergeld mit sich führt. Der scharfsinnige Versuch, mit dem Erwerb von regionalen Köstlichkeiten (Salted Caramel Fudge, so Plombenzieherdinger, echt lecker) in den Besitz von Kleingeld zu kommen wird allerdings gnadenlos abgeschmettert. Also wird unter starken Schmerzen (die sich, nach aktuellem Stand, als völlig unbegründet herausstellen) einer der wenigen unbeschilderten Plätze neben der schmalen Straße aufgesucht und auch für die nächsten knapp drei Stunden verwendet.
Unser Wanderziel ist der (Aussichtsbuckel) King’s How, der 1,5 km und etwa 270hm entfernt ist. Auch ohne Mathematikstudium lässt sich erahnen, dass der Weg nicht gerade flach ist. Trotzdem zieht Ida bergauf durch und benötigt nur bei größeren Stufen unsere Hilfe. Am Gipfelchen erwartet uns ein recht nettes Panorama über das Derwent Water, das aber aufgrund semischönen Wetters etwas eingeschränkt ist. Gelohnt hat es sich aber in jedem Fall. Nach der Gipfelbrotzeit hat Ida allerdings leichte Motivationsprobleme, vor allem da der Wind uns inzwischen ziemlich laut um die Ohren pfeift. Mit gutem Zureden, leeren Versprechungen, leeren Drohungen und vor allem 50% Tragen schaffen wir es dann aber doch recht zügig zum Auto, das wundersamerweise weder geklaut, noch abgeschleppt, noch ausgeräumt noch plattgestochen ist…
Mit zwei kaputten, schlafenden Damen geht es erst kurz an die Küste und dann weiter nach Norden. In Maryport gibt es zwar massig Parkplätze aber sonst wenig Einladendes. Wir finden aber zufällig einen als Feen-Pfad ausgeschilderten und mit allerlei Kleinkram dekorierten Weg, den Ida mit großen Augen abläuft. Kurz vor der schottischen Grenze in Carlisle wird dann ein eigentlich als Pullerstopp geplanter Abstecher zum abendlichen Einkauf bei asda. Das frisch ausgeruhte Kind rennt schreiend durch den mit Globus vergleichbaren Supermarkt und packt haufenweise Marmeladen und Gelees in den Einkaufswagen. Den Salted Caramel Aufstrich nehmen wir dann auch mit…Da brauchbare Plätze eher rar sind, dauert es aber noch etwas, bis wir unsere endgültige Parkposition zwischen Lockerbie und Moffat erreicht haben.
Abends war es recht spät, also wird es das morgens auch, wir fahren erst kurz vor 11 Uhr los. Um nicht nur zu wandern soll heute auch mal etwas für die Bildung getan werden und wir besuchen das Weltkulturerbe New Lanark, in dem der Sozialreformer Robert Owen u.a. Anfang des 19. Jahrhunderts den ersten Kindergarten Großbritanniens einrichtete. Das ganze Areal ist großartig restauriert, es gibt neben den eigentlichen Museumsräumen auch einen Kinderspielplatz und einen Naturlehrpfad entlang des Clyde. Spielverderber mal wieder: das Wetter. Aber es gibt ja auch eine Kantine und wir lassen uns etwas typisch Schottisches schmecken: Pizza Hawaii. Also ich natürlich nicht, ich hatte Pizza Meat Feast. Anschließend halbieren wir noch die Entfernung nach Glasgow (1h->30min) und stellen uns auf den Parkplatz des Barons Haugh Nature Reserve. Den angekündigten kingfisher (Eisvogel) können wir auf unserem abendlichen Spaziergang leider nicht erspähen aber immerhin einen jungen Rehbock und 7000 braune Nacktschnecken.

Go North

Endlich, endlich, endlich geht es nach Schottland. Die gewohnt umfangreichen Vorbereitungen sind abgeschlossen (Reiseführer für Schottland und Irland gekauft, Fähre gebucht (Calais-Dover den Vorzug gegenüber Ijmuiden-Newcastle gegeben, was im ersten Moment folgerichtig erscheint, sich dann aber etwas relativiert…)), die technischen Neuerungen im Auto eingebaut. Zum einen ein selbstgebautes Möbel mit dem Arbeitstitel Hundertwasser-Schrank (kein einziger rechter Winkel) außerdem wurde unsere alte Matratze, die bisher immer irgendwie hingeknietscht wurde mit Hilfe eines Cuttermessers zur Klappmatratze modifiziert, nachdem wir die Preise für Klappmatratzen im Internetz gesehen hatten.
Wir fahren wie geplant direkt nach Abholung des Mittagskindes los, essen als abendlichen Snack Bitterballen in Holland (wobei sich die Einschätzung der Mutter: wir essen jeder einmal Bitterballen und Ida eine Portion Pommes als grundfalsch erweist), telefonieren noch mit dem Geburtstagskind des Tages, während unser Kind laut singend in Strümpfen über holländische Kleinstadtmarktplätze marschiert und nächtigen schließlich in Belgien am Ufer eines kleinen Kanals.
Am nächsten Morgen fahren wir die restlichen 180 km nach Calais, haben allerdings aufgrund unseres Wunsches, den Zeitvorgaben der Reederei zu entsprechen keine Zeit mehr zum Tanken. Die Abfertigung verläuft reibungslos, beim Anblick von Idas Bild im Kinderreisepass können die britischen Grenzbeamten allerdings ihr Lachen nicht zurückhalten. Auf der Fähre (Cote des Flandres) ist es so voll wie in den Zügen der DB während der ersten Coronawelle, Ida kann viel herumlaufen und es gibt auch Fish´N´Chips.
Auf der Insel müssen wir uns als erstes dem Linksverkehr stellen, was aber ganz gut läuft, da man ja erstmal allen anderen hinterherfährt. Unerwarteterweise finde ich inzwischen Kreisverkehre unproblematisch, nur beim Rechtsabbiegen muss ich immer dreimal überlegen. Hilfreich ist auch, dass man größtenteils recht gesittet fährt.
Es gibt dann eine unerwartete Extrarunde, als der Tank immer lauter nach Nachschub schreit, gleichzeitig aber der (gebührenpflichtige) Dartford Crossing Tunnel im Weg ist, dessen Zahlungsmöglichkeiten auf die Schnelle nicht zu recherchieren sind. 150 € (für 989 km) und eine Aktualisierung der Banking-App später ist aber alles wieder in Butter und es geht weiter. Wir machen Pause in Milton Keynes und finden am Willen Lake ein, ich sag jetzt mal: Naherholungsgebiet, das seinesgleichen sucht. Ida ist hin und weg und möchte am liebsten gar nicht wieder ins Auto.
Da sich schon abzeichnet, dass man nicht mal so eben schnell durch England hoch nach Schottland gefahren ist, wollen wir hier doch auch die eine oder andere Ecke mitnehmen. Die erste Ecke ist der Peak District National Park (der übrigens in der Liste der zehn schönsten Nationalparks Englands gar nicht erst auftaucht) und der jetzt nicht direkt unseren Vorstellungen eines Nationalparks entspricht. Wir finden aber mit Appunterstützung dann doch noch was und besteigen den 524m hohen Mam Tor. Ida ist zwar von den vielen rüstigen Rentnern etwas irritiert, läuft aber die komplette Strecke selber und hat offensichtlich auch Spaß dabei. Danach werden noch kurz Lebensmittel eingekauft, die Einstufung von b&m unter Lebensmittel bei google ist aber diskussionswürdig… Der ausgewählte Übernachtungsplatz am Warton Crag, nördlich von Lancaster, bietet einen kleinen Rundwanderweg und Ida läuft auch diese knapp 3 km noch ohne zu murren, bevor es zum Abendessen eine ordentliche Portion Nudeln gibt.

What goes down must come up

Da heute ein Zweikomponententag geplant ist, liegt unser Übernachtungsplatz im Wald in der Nähe von Castellina Marittima, wo wir am Vormittag erstmal etwas wandern wollen. Der Platz hatte bei park4night weder Fotos noch Bewertungen, weswegen die sportwagenungeeignete Anfahrt uns zumindest deutlich die Stirn runzeln lässt. Wir sind die ganze Nacht allein, sehen am Morgen drei Jäger vorbeifahren und finden dann im Wald ihre und auch andere Hinterlassenschaften. Der Rundwanderweg „Sassi Bianchi Trekking“ führt gemütlich zu drei Aussichtspunkten, die Ausblicke auf Hügel und Meer eröffnen.
Am Nachmittag fahren wir nach San Gimignano, um etwas Kulturluft zu schnuppern. Beim Versuch, einen Tisch in einem Cafe zu ergattern werden wir vom Kellner mit „Solo due persone!“ zurückgewiesen, da wir Ida im Buggy auch am Tischchen parken wollen. Because the CoVid! Mein eloquentes“Due persone e una bimba!“ führt aber ebenso wenig zum Umdenken wie das Angebot des Herren am Nachbartisch, selbigen einfach ein Stück wegzurücken. Wir fanden bislang den Umgang der Italiener mit den Maßnahmen deutlich ernsthafter als zuhause, finden aber auch, dass dieser Herr etwas übertreibt. Zumal es im Rest der Stadt niemanden interessiert, wieviele Personen an irgendwelchen untertellergroßen Tischen sitzen… Kaffee und Eis genießen wir also woanders, an die Eisdiele mit dem angeblich besten Eis der Welt erinnere ich mich leider erst nach Kontaktaufnahme mit der Heimatund als es zu spät ist. Der Rückweg zum Auto ist dahingehend schwierig, dass wir unser Kind dauernd davon abhalten müssen, in irgendwelchen Souvenirläden irgendwelche bunten Marmorimitateier einzustecken. Der Gegenentwurf zur letzten Übernachtung ist diesmal ein Parkplatz in Ulignano, wo wir uns zwischen drei WoMos einreihen. Der Ausblick ist aber durchaus konkurrenzfähig.
Im Prinzip sind wir ab dem nächsten Morgen auf dem Heimweg, da wir uns langsam nördlich bewegen. Als erstes fahren wir nach Florenz. Aber nicht in die Stadt sondern zum Monte Cecero, der ein super Aussichtspunkt und ein Geheimtipp in Personalunion sein soll. Zudem der Ort, an dem Leonardo seine ersten Flugmaschinen testete. Bereits auf dem Weg zum Abstellplatz fürs Fahrzeug kommen uns aber solche Heerscharen von Wanderoutfitträgern entgegen, dass ich meine Leichtgläubigkeit gegenüber Handy-Apps mal wieder verfluche. Es relativiert sich aber alles, da wir auf dem kleinen Rundweg, an dem es auch etliche Tafeln über Leonardos Wirken und die vormalige bergbauliche Nutzung des Ortes gibt, genau zwei Personen treffen. Der Rest waren wohl doch nur Touris oder vielleicht auch Pilger. Die versprochene Aussicht auf Florenz ist in der Tat toll, sie fotografisch festzuhalten aber recht schwierig, da immer wieder Wolken die Sicht teilweise oder vollständig verdecken. Es regnet nicht, was sich netterweise erst nach Rückkehr ins Auto drastisch ändert. Im Regen fahren wir dann Richtung Viareggio, wo wir eigentlich zuerst zum Lago di Massaciuccoli (größter See der Toskana, wusste ich aber vorher auch nicht) wollen, der sich aber für unsere Zwecke als ungeeignet erweist, da er überwiegend sumpfig und hauptsächlich bei Vogelbeobachtern enorm beliebt ist. Stattdessen geht es ans ebenfalls nahe Meer in den Ort mit dem kurzen und einprägsamen Namen Marina di Torre del Lago Puccini (der hatte hier ne Bude an dem See). Dort treffen wir uns mit Freunden, die wir sonst eher selten treffen, da sie eine dreiviertel Stunde von uns weg wohnen. Bevor wir uns gemeinsam in die windgepeitschten Fluten des Mittelmeeres stürzen wird selbstverständlich noch brav am letzten Tag der Saison um 17:00 bei fast leerem Strand die Parkgebühr am Automaten entrichtet. Wie schon in Vada verzichtet Ida auf das Bad und nutzt lieber einen kleinen Spielplatz. Abends besuchen wir alle Da Renzo in Massarosa, wo unsere beiden Begleiter nur mit Mühe ihren männlichen Urtrieb zum kiloweisen Fleischverzehr unterdrücken und sich (nur fürs erste, einige Tage später gab es einen zweiten Restaurantbesuch, bei dem man in die Vollen ging) mit gemischten Vorspeisen und Pizza und Pasta zufriedengeben. Bevor wir uns nach tränenreichem Abschied auf den Heimweg machen kackt Ida noch zum ersten und einzigen Mal im gesamten Urlaub in die Hose.