Erste Eindrücke

Die grobe Richtung war mit der Parkplatzwahl am Vorabend schon angepeilt, unser erstes Ziel ist der  Martvili Canyon. Hier wird zwar gerade wie verrückt gebaut, aber nachdem man den Schleppern im Umfeld entkommen ist und über eine „Europaletten-Brücke“ das Visitor Centre erreicht hat kann man für überschaubares Geld den Eintritt zum Wanderweg und eine kleine Bootstour buchen.

Anschließend fahren wir zurück Richtung Tskaltubo und müssen erneut unsere Hoffnungen auf einen Mittagsschlaf des Kindes begraben. Sie genießt es, zwischen uns zu sitzen, kommandiert entweder rum, erzählt uns einen vom Pferd oder latscht mit ihren Füßen auf dem Armaturenbrett herum und drückt entweder irgendwelche Knöpfe oder zerrt irgendwelche Ladekabel raus.

Wir sind gegen 14:00 in Tskaltubo, dass zu Sowjetzeiten ein Zentrum der Badetherapie war. Es gab über 20 Sanatorien und angeblich eine direkte Zugverbindung nach Moskau. Die meisten davon verfallen seit der Wende, wenngleich es wohl Bestrebungen gibt, zu sanieren. Deswegen sind einige Gebäude seit kurzem eingezäunt und/oder bewacht, natürlich auch, um sensationsgeile Touristen wie uns davon abzuhalten, darin ihre Insta Stories zu produzieren. Durch eine meiner beiden Hauptinformationsquellen, den Blog wander-lush.org, bin ich aber ziemlich gut vorbereitet. Wir „besuchen“ zuerst das Sanatorium Savane, durchqueren dann den Park, der quasi das Zentrum des Kurbetriebs bildet. Darin befinden sich etliche Badehäuser und Quellen (nur eines noch in Betrieb, darin Stalins persönlicher Pool) , und um den herum sich die ganzen Sanatorien verteilen. Das nächste Ziel ist das Sanatorium „Metalurg“. Nachdem wir es durch den Haupteingang betreten dauert es aber nur wenige Sekunden, bis wir aus der ersten Etage von einem älteren Herren und aus dem Erdgeschoß von einer älteren Dame mit irgendwas zwischen drei und fünf Zähnen auf georgisch zugeschwallt werden. Da unser „english?“ ignoriert wird schlägt jetzt meine große Stunde. Jahrelang war es mir verwehrt, aufgrund angeblich schlechten Betragens, mit dem Freundschaftszug die Erfurter Partnerstadt Vilnius zu besuchen und dort mein Russisch zu praktizieren. Mir blieb nur mein Russischlehrer Herr Schellknecht… Aber das ist jetzt vorbei! Ich gebe mich zu erkennen und die Dame offeriert eine Führung durchs Gebäude für schlanke 5 Lari pro Person. Kinder frei. Größere Scheine kann sie problemlos wechseln. Letztlich erzählt sie uns, wo welche Räume waren und der ältere Herr wirft zu Fotozwecken in der Empfangshalle sogar den Kronleuchter an. Sie gehören offenbar zu den Leuten, die inzwischen in einigen der ehemaligen Sanatorien leben, machen sich etwas Geld und verhindern nebenbei, dass irgendwer durch ihr Schlafzimmer trampelt. 10 Lari sind etwa 3,33€…

Danach sind wir ziemlich knülle, gönnen uns erst ein Eis und etwas später neben einem Spielplatz auch noch unser erstes Khachapuri.

Anreise, oder auch Flug zum Bus

In diesem Jahr soll erstmals ein Flugzeug Ida in den Urlaub bringen. Als alter Flugbuchungsfuchs buche ich ewig vorher und natürlich beim günstigsten Anbieter. Der heißt in diesem Fall booking, was mir aber bei dem folgendem Gezerre auch nicht hilft. Der Flug wird insgesamt dreimal verschoben, einmal sogar einen Tag nach hinten. Man muss irgendwelche englischsprachigen Hotlines in Pakistan anrufen und die reservierten Plätze sind natürlich futsch. Ich habe aber keine Lust, weiter Geld zu investieren. Der Ida versprochene Fensterplatz ist in Reihe 40 leider völlig fensterlos weil in der letzten Reihe. Ob es daran liegt, an unserer langen Flugabstinenz oder am besonderen Luftgemisch bei WizzAir ist nicht zu klären, klar ist aber , dass Susi und ich vom Flug ziemlich geschlaucht sind, Ida hingegen begeistert.

Wir dürfen zumindest zügig aussteigen und zur Passkontrolle schreiten. Dort gibt es kurze Irritationen, da die beiden Damen durchgewunken werden, ich aber kurz auf die stille Treppe zum Warten muss. Offenbar muss erst ein googlemapsaffiner Kollege am Telefon klären, ob dieses Gotha, was angeblich mein Geburtsort sein soll, überhaupt existent ist und falls ja, in Deutschland liegt. Nach nicht mal einer halben Minute darf ich dann  aber auch.

Kutaissis Flughafen ist gefühlt 10% größer als der Erfurter, die Wege sind also erfreulich kurz. Wir finden auf Anhieb unseren „Gastgeber“, der unser Feriendomizil dann auch gleich vorfährt, mich noch zwei Minuten einweist und uns für alle Fälle noch 90 Lari zusteckt. Und dann rumpeln wir auch schon los. Das Auto ist Baujahr 2003, die nutzbare Drehzahl liegt bei 1300-1700 U/min, drunter passiert nichts mehr, drüber fallen einem die Ohren ab. Wenn man bei Regen ungünstig um die Kurve fährt tröpfelt es auf den Beifahrer. Wir sind rundum zufrieden.

Nach Einkauf und Bargeldabhebung suchen wir uns noch einen Übernachtungsplatz abseits der Straße, wo natürlich schon ein Allradcamper mit deutschem Kennzeichen rumsteht. Erwähnenswert ist noch, dass ich bei der Erstinbetriebnahme des Gaskochers darauf verzichte, ins Freie zu gehen und dadurch fast das Auto in Brand stecke. Das technische Problem konnte dank sachkundiger Hinweise aus der Heimat aber inzwischen behoben werden.

Zurück

Hinweis: Hatte diesen unveröffentlichten aber nicht kompletten Beitrag noch gefunden und wollte ihn nicht löschen…

Wollen wir nicht. Müssen wir aber. Dies zeigt sich an der alles Andere als direkten Route zurück nach Dover. In Wales hatte ich in einem weiteren Anfall von Wahn den Snowdonia National Park zum Ziel auserkoren, letztlich fehlte uns dafür aber mindestens ein Tag.

Die Alternative ist also Llangollen, wo man unter Anderem die (künstlichen ?) Horseshoe Falls anschauen, mit einer Dampflokeisenbahn fahren, im Dee baden, mit einem von Pferden gezogenen Kahn fahren, Schilder mit lustigen langen Wörtern fotografieren oder zur Ruine Dinas Bran Castle hinaufwandern kann. Wir haben uns leider für die falsche Seite des Tals entschieden, wodurch die letzte Option ausscheidet. Der Ort selber ist ziemlich überlaufen und es herrscht Volksfeststimmung. Nach einem Wassereis für Ida und leckeren, frischen Quarkbällchen fahren wir weiter. Bemerkenswert ist noch, dass wir auf der Suche nach einem Einkaufszentrum in Birmingham offenbar die Hinweise auf die Citymaut mehrfach übersehen und erst beim 140yds-Schild (und 10 Sekunden vor der Angst) einen Kreisverkehr komplett umrunden.

Wir parken und übernachten am Bahnhof von KKKK, bzw. da, wo mal der Bahnhof war, da die Strecke stillgelegt und in einen Rad- und Wanderweg umgebaut wurde. Da ich aus fast 30 Jahren Berufserfahrung weiß, dass steile Anstiege bei der Eisenbahn in der Unterzahl sind wird noch am Abend das Laufrad ausgepackt (immer etwas tricky, da es unter/hinter unserer Schlafsitzbank deponiert ist) und losgerollert. Nach zwanzig Minuten erreichen wir einen Tunnel, der zwar mit vielen Hinweisschildern versehen aber trotzdem zugänglich ist. Bei 800m Länge ist ein Lichtlein schon etwas hilfreich, ein Handy haben wir zum Glück dabei. Während wir noch in den Wald pullern macht sich Ida schon auf den Rückweg und fährt nach nur kurzem Zögern auch allein in den Tunnel. Was uns nicht wenig überrascht.

Mercie ´ cross the Mersey

Wir haben am Liverpool-Leeds-Kanal übernachtet, der aber nicht halb so aufregend wie sein Name ist. Den Platz haben wir uns zuerst mit der Angler- später mit der Kifferszene geteilt. Da es aber die ganze Nacht ununterbrochen regnet sind wir am Morgen allein und lassen unseren eigentlichen Plan für den Tag erstmal Plan sein. Und gehen stattdessen im nahen Ormskirk bei Cobble frühstücken. Während wir vor uns hinstopfen hört es auf zu regnen und klart tatsächlich auf. Also doch nach Liverpool, zur dritten Hop On Hop Off Tour.
Wir parken im Liverpool One, einer weiteren riesigen Mall, und stehen nach dem Überqueren von zwei Fußgängerampeln an der Waterfront, dem touristischen Mittelpunkt der Stadt. Im Bus gibt es diesmal keine Kopfhörer sondern einen Live-Kommentar von Kim. Ida ist das reichlich egal, da sie eh die ganze Zeit per Bluetoothkopfhörer mit Conni-Geschichten beschallt wird. Nach dem Busfahren werde ich zu einer Pferdekarussellfahrt gezwungen, da Ida unbedingt fahren möchte, wir aber bezweifeln, dass sie sich allein festhalten kann. Wir lichten uns mit den Beatles(-statuen) ab und ziehen noch etwas durch die Innenstadt. Hier geht es mit Livemusik, Tanz und ordentlich Bier schon gut ab, obwohl noch früher Nachmittag ist. Unsere Wahl ist dann das deutlich ruhigere The Club House, ein Biergarten mit Selbstbedienung in der Nähe des geparkten Fahrzeugs, wo die Beer with me-App auch kurz zum Zug kommt. Ida holt sich noch einen ordentlichen Anschiss ab (der sie, wie immer, ungefähr 0,0 interessiert) nachdem sie uns kurz entwischt ist und versucht, alleine Rolltreppe zu fahren. Selbstredend wählt sie die für die falsche Richtung, unerklärlicherweise fällt sie aber nicht mal hin. Ich möchte es mir nicht nehmen lassen, Anfield Road wenigstens mal gesehen zu haben (Touren sackteuer, zudem welche mit Besichtigung des Stadioninneren nicht im Angebot) weswegen wir da noch mal eben hinfahren. Ein paar Schnappschüsse später geht es aber schon weiter und wir machen uns Richtung Nordwales auf. Allerdings muss dazu erstmal der Mersey über- bzw. unterquert werden und das erste Schild mit der Aufschrift Toll 6£ verursacht hektische Spurwechsel (Habe gerade nochmal nachgeschaut, 6£ sind Blödsinn. Hatte ich aber so gelesen). Aber ohne Tunnel gehts ja irgendwie nicht und so fahren wir nach kurzer Denkpause todesmutig in den Queensway Tunnel ein. Die Befürchtung, irgendwelche Strafen zu kassieren, zerschlägt sich, nachdem Susi 2 Meilen später schwungvoll zwei Ein-Pfund-Münzen im Trichter der Bezahlmaschine versenkt.

Das Biddy Mulligans Debakel

Mit nur einem Tag Pause dazwischen geht es heute in die nächste große Stadt. Edinburgh. Wir irren erst etwas ziellos durch die Stadt, leisten uns einen Fehlversuch bei der Parkhausauswahl (Höhe 1,90m, für uns zu wenig), bevor wir im St. James Quarter nochmals deutlich teurer Parken als zwei Tage zuvor. Aber Hop On/Hop Off Bus und auch Toilette sind in nächster Nähe. Nachdem die Damen sich bei Five Guys ein Oreo-Milchshake mit Sahne gegönnt haben wird auch schon der Bus bestiegen. Größter Unterschied zu Glasgow: die Kopfhörer sind nicht rot sondern blau… Beide Städte miteinander zu vergleichen ist müßig, daher schenke ich mir das hier. Mir persönlich ist aber Edinburgh etwas zu disneymässig. Nachdem wir mit dem Bus eine Runde rum gefahren sind, werden auf der nächsten die ausgemachten Ziele, Grass Market und Lawn Market zu Fuß besucht. Hauptsächlich, um etwas zu Shoppen, zu Essen und den armen Würstchen daheim per Beer with me-App den Standort mitzuteilen, an dem man es sich gerade schmecken lässt. Auf dem Grass Market entscheiden wir uns für die grünen und gelben Plastikstühle bei Biddy Mulligans, obwohl Ida lieber auf die roten Stühle nebenan möchte und dies uns und auch allen Leuten in der Nähe eine Zeitlang lautstark mitteilt. Die Nachfrage der Bedienung, ob alles ok sei nicken wir ab, schließlich haben wir bereits mit unseren Handys den QR-Code für die Onlinebestellung gescannt. Zur Bezahlung mit der Visa muss noch kurz die DKB-App aufgerufen werden, diese meldet, dass alles in Butter sei. Da sich etwa 15 bis 20 Minuten gar nichts tut, komme ich auf die prima Idee, nochmal nachzuschauen. Dummerweise steht bei Biddy’s, dass da wohl was nicht geklappt hat. Die ausgewählten Gerichte/Getränke sind zumindest noch im Warenkorb, es müssen also nicht alle Schritte wiederholt werden. DKB sagt wieder „Jo!“ die Webseite und eine Email bestätigen die Bestellung. Toll! Auf unserem Tisch tut sich weiterhin nichts. Also schaue ich irgendwann nochmals in die Mails, und stelle fest, dass ich eine weitere erhalten habe: da wäre was schiefgelaufen, aber ich könne mich beruhigen, mein Konto würde nicht belastet. Allerdings ist die Küche für die nächsten 25 Minuten zu. HÄÄÄÄ??? Wir bestellen also nur Getränke bei der Bedienung, die auch etwas ratlos auf meine Mail schaut und schleppen uns über die Straße zu Castle Rock Takeaway, wo es Döner Kebap und Fish’N’Chips gibt. Ja, sorry, hatten echt Hunger. Ida holt sich noch ein Eis und ich mir einen Kaffee, was vor allem dadurch in Erinnerung bleibt, da der junge Mann etwa vier Minuten für meinen Cappu und auch ewig lange für das Herauskratzen einer Kugel Eis (wie übrigen gestern auch schon das Mädel am Falkirk Wheel) braucht. Offensichtlich ist schottisches Eis besonders hart.
Am Abend verlassen wir Schottland und fahren wiederum in den Lake District in die Nähe von Kendal, wobei uns immer mehr, aufgrund des Platinum Jubilee, mit Fähnchen und Bildern der Queen geschmückte Häuser auffallen. Man scheint sich aber selbst nicht allzu ernst zu nehmen, da etliche Dekorationen nur knapp über Kirmesniveau sind.
In Kendal suchen wir am nächsten Vormittag das Leisure Centre auf, da man hier gegen Gebühr duschen kann. Ida bekommt von der Queen auch noch einen Keks spendiert (gibt es während des Jubilee Weekend gratis zu jedem Heißgetränk). Wir wollen am Rydal Water in der Nähe von Ambleside etwas wandern/Laufrad fahren, aber schon die Anfahrt ist richtig zäh, da viele Briten wohl ein verlängertes Wochenende machen. Das Wetter ist… überschaubar. Richtig baden tut niemand, etliche Kinder sind aber mit den Füßen im Wasser. Das hält Ida auch für eine gute Idee, aus Zeitersparnisgründen verzichtet sie auf das Ausziehen der Schuhe und Strümpfe. Die hocherfreuten Eltern tragen anschließend Kind und Laufrad 2 km zurück zum Auto.