Kirgistan 2

Yssykkul, Berge und Bishkek

Wir fahren endlich zum „Kirgisischen Meer“, dem Yssyk Kul, finden aber auf den Rasenflächen am Westufer keinen, allen Reiseteilnehmern adäquaten Platz. Also holpern wir auf der alle 500m durch Baustellen unterbrochenen Straße am Südufer noch ein ganzes Stück weiter und fahren dann durch den Canyon of forgotten Rivers, einer Schotterpiste, die ziemlich eindrucksvoll durch ein ehemaliges Flussbett führt, etwa 10km zum See. All das wird zum Gamechanger für die nächsten Tage. Nachdem wir an den für meinen Geschmack viel zu vielen parkenden Reisefahrzeugen ein ganzes Stück vorbei gefahren sind und uns in Parkposition manövrieren kommt auf einmal ein Junge auf einem Fahrrad angefahren. Er erzählt uns, dass er Joshua heißt und sein Fahrrad sieben Gänge hat und sein Papa Ingenieur ist. Er lädt uns direkt zur Besichtigung ihres LKW (der Dino heißt, und uns am Song Kol entgegengekommen war) und Ida (die sich wie immer hinter ihrer Mutti versteckt) zu Stockbrot ein. Joshua ist genauso alt wie Ida, und da sich die beiden super verstehen reisen wir einige Tage gemeinsam mit ihm, seinem jüngeren Bruder seinen Eltern und ab und an auch noch ein paar anderen Leuten aus aller Welt. Auch Steffi und Malte bestätigen uns, dass ihre Reise kaum jemals so wenig anstrengend war. Vervollständigend muss man anmerken, dass gemeinsam reisen bedeutet, dass Familie Joshi etwa halb sieben aufsteht, frühstückt und dann losfährt, während bei Familie Ida oftmals bis fast 9 Uhr geratzt wird und kaum mal eher als 11 Uhr gestartet wird. Holen wir aber unterwegs wieder auf.
Nach zwei Nächten am Yssyk Kul geht es weiter zum Skaska Canyon, dem Märchencanyon. Das wir erst am Nachmittag ankommen ist eher weniger schlimm, da wegen der Hitze noch keiner den Canyon näher erkundet hat. Im Licht der untergehenden Sonne ist er besonders schön und auch nicht mehr ganz so stark von Besuchern frequentiert. Da es mit Parkplätzen im Canyon im wahrsten Sinne „eng“ aussieht, ist die Entscheidung, wieder zum Yssyk Kul zu fahren, schnell und einstimmig getroffen. Unser Platz ist diesmal noch näher am See, und der Zugang zum Wasser ist auch etwas besser. Aus meiner Sicht völlig unerwartet kommt die mitgeschleppte Strandmuschel sogar noch zu ihrem ersten Einsatz. Abends stoßen noch Carlos und Maggy mit ihrem LKW und etwas später (weil im Sand steckengeblieben und von Carlos professionell mit der Winde befreit) auch Thierry und Olga mit ihrem Sprinter dazu. Die Kinder spielen den ganzen Tag am Strand, die Erwachsenen wechseln sich lediglich beim Zuschauen ab. Nach wiederum zwei Übernachtungen geht es aber doch noch mal in die Berge. Im Barskoon Tal kann man (extrem anstrengend) Wandern oder auch verschiedene Denkmäler für Juri Gagarin anschauen. Der Tourismus hält sich in Grenzen, für das leibliche Wohl ist jedoch gut gesorgt. Wir wandern mit den Kindern erst zum Manas Bowl Wasserfall und wollen dann auch noch zum weiter oben liegenden Tränen des Leoparden Wasserfall queren. Da die Kinder immer quengelicher und der Weg immer steiler wird, beschließen die Mamas, umzukehren. Die ambitionierten Papas laufen noch ein paar hundert Meter weiter, als es aber nur noch steil über Geröll bergauf geht, und mein zum Mittagessen verspeister Lagman kurz davor ist, wieder herauszukommen, kann ich auch Malte überzeugen, zurückzulaufen. Ursprünglich sollte das unser letzter gemeinsamer Abend sein, wir entschließen uns aber, noch eine Nacht weiter oben, am Ara Bel See, dranzuhängen. Von da aus will Joshis Familie eine mehrtägige Offroadtour machen. Ebenfalls mit im Boot ist eine solo reisende Belgierin, die am Abend eintrifft. Ein großes Plus ist, dass ein sehr großer Teil des Weges instandgehalten wird, da er zu einer in Betrieb befindlichen Goldmine führt und in unseren Augen zu recht als die beste Schotterpiste Kirgistans bezeichnet wird. Nach üblichem gemächlichen Morgen gehen wir ein kleines Stück wandern und dann auch noch Mittag essen. Als wir gegen 13:00 aufbrechen, kommen uns aber die Franzosen schon wieder entgegen. Hmmm? Wir brettern trotzdem schön mit 80/90 km/h den Berg hoch, ein liegengebliebener SUV, dessen Insassen offenbar um Hilfe bitten bremst uns aber wieder ein. Es gibt einen platten Reifen, allerdings funktioniert der Absenkmechanismus des Reserverades irgendwie nicht richtig. Einen superduper Tipp habe ich aber leider auch nicht. Es halten aber kurz darauf noch zwei Kasachen mit einem Pick-Up. Es ergibt sich alsbald folgende Arbeitsteilung: der englischsprechende Kasache schraubt und macht und tut, der andere, Sascha, versucht sich mit mir auf Russisch zu unterhalten und mir Tipps für Kasachstan zu geben. Außerdem empfiehlt er mir wärmstens den Baikalsee. Da das Reserverad nicht zu befreien ist, wird sich entschieden, den Reifen zu reparieren. Mein Beitrag besteht immerhin aus Fit (zur Schadstellenlokalisierung) und dem Kompressor. Angeblich ist irgendwann alles wieder ok und wir können weiter. Da kommt uns auch die Belgierin von oben entgegen. Nochmal hmmm. Als wir dann etwas später am kleinen, feinen Ara Bel See eintreffen sind auch Carlos und Maggi und die Dinobesatzung am Aufbrechen. Es ist ziemlich kalt und ziemlich windig, zudem hat Malte Kopfschmerzen , vermutlich der Höhe geschuldet. Wo wir schlafen ist uns recht egal, wir laufen auch hier nochmal ein paar Meter, treffen eine Gruppe französischer Fahrradfahrer, machen ein paar Fotos und fahren dann wieder von 3800 auf 2500m runter. Am Abend gibt es noch einen schweren Ausrüstungsverlust, da unser beratungsresistentes Kind auf der falschen Seite des Autos Fußball spielt und das dazu benötigte Sportgerät ein Opfer der reißenden Fluten wird.
Am Morgen nehmen wir dann aber erstmal voneinander Abschied, machen aber lockere Pläne für ein Wiedersehen in Kasachstan. Der Mann mit der Reifenpanne von gestern taucht auch noch einmal auf, bedankt sich nochmal überschwenglich bei mir, bestätigt, dass der Reifen gehalten hat und macht natürlich auch noch Fotos. Joshuas Familie fährt zwar in die gleiche Richtung wie wir, will aber in Karakol am Ostufer des Sees ein paar Tage Pause machen. Wir fahren weiter, wollen am Nordufer entlang nach Bischkek und den See somit einmal umrunden. Vom Nordufer raten viele andere Reisende ab, da es sehr touristisch und sehr überlaufen ist. Unsere Einschätzung weicht davon nicht ab,ab Grigorievka ist aber die Straße wenigstens wieder sehr gut. Der Rest ist wie Türkische Riviera nur ohne salziges Wasser. Die Stellplatzsuche wird wieder schwieriger. Unser einziges kleines Highlight ist der Besuch im Petroglyphenpark. Trotz der Hitze findet Ida Gefallen daran, nach Steinen mit Tiergravuren Ausschau zu halten. Die Hitze soll auch unser ständiger Begleiter in den nächsten Tagen bleiben. Um ihr zu entkommen, fahren wir erst ins Chong Kemin Tal nahe der kasachischen Grenze, der Reiseführerverspricht hier ein Wanderparadies. Wir habe keine wirkliche Route rausgesucht, laufen einfach den Berg hoch Richtung eines in der Navigationsapp gefundenen Aussichtspunktes, treffen aber tatsächlich auf einige deutsche Wanderer. Wir fahren weiter (nach Westen) Richtung Bischkek, übernachten im Kegetital ziemlich nah am Fluß, was bei Ida immer besonders gut ankommt. Wir besuchen, mehr oder weniger fotostoppmäßig das von Deutschen gegründete und bewohnte Örtchen Rotfront. Es gibt ein kleines Museum, für dessen Besuch wir uns auch versucht hatten, anzumelden, der Museumsbetreiber weilt aber zur Zeit im Urlaub in Deutschland. Wir schlendern noch kurz über den kleinen Friedhof und erfreuen uns der vielen Rechtschreibfehler. Eigentlich wollen wir vom Ort (und Heilbad) Yssyk Ata zum nahegelegenen Wasserfall wandern. Aber auf den letzten Kilometern sind beide Straßenränder komplett zugeparkt, Kurut-, Kümüs-, Ayranstand reiht sich an seinesgleichen. Ich drehe genervt um, fahre wieder aus dem Tal raus, den Berg runter. Kühle Übernachtungsmöglichkeiten sind rar, in unserer Verzweiflung schreiben wir per whatsapp ein privat betriebenes Waisenhaus an, das kostenfreie Stellplätze für Reisende anbietet. Als dann eine Antwort kommt haben wir uns aber bereits ein wenig spektakuläres Plätzchen an einer Kiesgrube gesucht. Wir verabreden uns aber für den nächsten Abend. Wir vertrauen mal wieder unserem Reiseführer (Fehler!!!) und holen die Wanderung zu einem (anderen) Wasserfall nach. Die Formulierung „hinter dem Dorf beginnt die Wanderung…“ ist leider etwas unscharf, die 15 kmSchotterpiste wurden aus Versehen verschwiegen. Am Abend treffen wir dann auf Allen, Cheryl und ihre Kinder. Wir können auf dem Grundstück stehen, Bad und Küche benutzen. Allen und Cheryl sind Amerikaner, die das Waisenhaus vor 17 Jahren eigentlich nur vorrübergehend übernommen haben. Zu Hochzeiten lebten hier 34 Kinder, inzwischen sind es deutlich weniger. Die jüngsten sind 12, 13 Jahre alt, aber auch einige ältere (von denen mehrere adoptiert wurden) sind da. Nach anfäglichem Geschäme tobt Ida mit den beiden Fußhupen Rascal und Amy durchs Gebäude, wir schnorren mehrere kostenlose Mahlzeiten und nehmen auch (aus eigenem Antrieb) an einem zweisprachigen( Russisch und Englisch) Gottesdienst teil. Der Schwimmbadbesuch zwischendurch ist aus meiner Sicht eher ein Reinfall. Es ist sacketeuer, am Eingang herrscht Blockabfertigung, aus unerfindlichen Gründen müssen wir unseren Namen und den unseres Kindes auf einen Fragebogen schreiben und schliesslich ist das Gelände nicht viel größer als zwei Aldis. Rasen gibt es gar nicht, nur Beton, Stühle und mit Planen zugehangene Metallzäune. Aber zumindest die Bademeister nehmen ihren Job sehr ernst und man muss sich als Erziehungsberechtigter wenig Sorgen machen, dass der Spross vielleicht aus Versehen das falsche Becken betritt.
Um die Zeit bis unserem Termin in Almaty rumzukriegen fahren wir nach einem kleinen Stadtrundgang in Bischkek doch noch für zwei Tage in den nahen Ala-Artscha Nationalpark. Zu unserer hellen Freude verteilen sich die Menschen und wir können zwei kleine Wanderungen, (fast) zu einem Wasserfall und zum Alpinistenfriedhof machen. Wir haben die Freude eines zügigen Grenzübertritts nach Kasachstan und können im Ort direkt an der Grenze auch alle wichtigen Formalitäten erledigen (Versicherung, SIM-Karte, Geld, Kantine)

Kirgistan 1

Osch und Song Kol

Auch an der kirgisischen Grenze ist erstmal niemand zu sehen, nach wenigen Augenblicken erscheint aber ein Uniformierter, der uns offenbar auf einer Überwachungskamera entdeckt hat. Nach den äußerst spartanischen Schreibstuben der tadschikischen Behörden, bei denen wir oft bezweifelten, ob es überhaupt Strom gab, ist der kirgisische Grenzübergang mal wieder „normal“ ausgerüstet. Mit Computern und so… Unsere Zweifel, ob wir auf der ominösen Liste stehen, zerschlagen sich glücklicherweise, nach knapp 20 Minuten ist alles erledigt. Es geht auch gut weiter, im ersten größeren Ort, Sary Tash, können wir unser übriggebliebenes tadschikisches Geld tauschen und auch noch eine SIM-Karte für 4 Wochen unlimited für sagenhafte 5,55€ erwerben. Geld abheben funktioniert zwar nicht, aber vielleicht haben auch nur die Schweizer, die wir wieder treffen den Automaten leergezogen. Wir warten mit dem Tanken nicht bis Osch, da wir schon vorher eine vertrauenswürdige Tankstelle mit Gazpromdiesel finden. Vermutlich hätten uns die 20L der Belgier locker bis hierhin gebracht.
In Osch führt unser erster Weg zum Car-Basar. Ein Büdchen mit Stern ist recht schnell gefunden, allerdings ist unser Fahrzeug für die angebotenen Teile mindestens 10 Jahre zu jung. Man verweist uns aber zu Formula, die könnten uns sicher helfen. Können sie dann auch irgendwie, obwohl ihr Alleinstellungsmerkmal, ein Computer mit Internetanschluss wenig dazu beiträgt. Telefonisch werden zwei Stoßdämpfer in Bischkek geordert, die am nächsten Tag dann an die hauseigene Werkstatt geliefert werden sollen. Über whatsapp bekomme ich dann noch die Nachricht, dass sich alles um einen Tag nach hinten verschiebt, da ja morgen Freitag sei. Ist uns egal, da das Auto ja eh erstmal stehenbleiben soll. Dazu brauchen wir ein Hostel, welches per App auch schnell gefunden ist. Wir sollen in den Hof fahren, dort steht bereits ein Slowake mit einem T5. Ich kläre mit ihm, wer wann abfährt, und deshalb vorn (bzw. hinten) stehen soll. Nach einer aufwendigen (weil alles sehr eng) Umparkaktion stehen wir hinten und er vorn. Wir tauschen noch eine ganze Weile Schauergeschichten vom Pamirhighway aus (seine Bremse ist im Eimer und er hat nur mit dem Motor gebremst) während sich im Rezeptionsbereich eher wenig tut. Irgendwann wird aber Susi an ein Handy gerufen, wo ihr eine englischsprechende Person erklärt, dass kein Zimmer frei sei. Hä??? Auch ohne Fremdsprachenkenntnisse beiderseits wäre es sicher ein leichtes gewesen, uns das eine Dreiviertelstunde eher mitzuteilen. Wie schon zuvor, und wie auch andere Reisende, die wir später treffen, stellen wir mal wieder erhebliche Defizite im Bereich der Kommunikation im Dienstleistungsgewerbe fest. Zumindest vermittelt man uns eine andere Unterkunft in der Nähe, und der Gegenentwurf zur Rezeptionistin (vielleicht war es ja auch die Putzfrau) des ABS-Hostels, ein hervorragend englischsprechender 13-jähriger holt uns wenige Minuten später ab.
Da nix repariert wird, haben wir einen Tag später genügend Zeit für Sightseeing. Der Reiseführer zählt zwar nur wenige Highlights auf, aber in den vielen Parks der Stadt gibt es ja auch den einen oder anderen Spielplatz. Nach dem Passieren der einzigen dreistöckigen Jurte der Welt erklimmen wir am Nachmittag den Suleyman Too, einen weithin sichtbaren Hügel mitten in der Stadt. Neben einer kleinen Moschee gibt es oben einige kleine Höhlen und eine steinerne „Rutsche“, die bei dreimaligem Rutschen (Kinder-)Wünsche erfüllen soll. Und daher hauptsächlich von Damen benutzt wird. Auf dem Rückweg nach unten mache ich noch ein paar Fotos, die Damen sind schon etwas voraus. Ich werde von einem Kirgisen angesprochen, der sich aus dem Stand den 1. Preis für subtile Gesprächseröffnung sichert: Ob ich denn aus Deutschland käme, ich würde zumindest klamottentechnisch ja so aussehen… Na vielen Dank. Ich bejahe aber höflich, und er stellt sich auch gleich vor. Und fragt als nächstes nach dem von mir genutzten Reiseführer. Letztlich stellt sich heraus, dass er als Guide arbeitet, und gern überprüfen möchte, ob die zu ihm verfügbaren Informationen in den Büchern auch (noch) stimmen. Als Dank für meine Kooperation quatscht er mich und Susi und die immer quengelicher werdende Ida bestimmt eine halbe Stunde lang mit allen möglichen Informationen zu. Als ich ihm verspreche, den Trescher-Verlag anzuschreiben und um die Korrektur der Informationen zu bitten sind wir dann aber entlassen.
Am nächsten Nachmittag fahren wir zur Werkstatt, zumindest sind die Stoßdämpfer bereits angekommen. Und sollen auch gleich eingebaut werden. Im Vergleich zu den Werkstätten, die wir bislang so gesehen haben, kommt Avtoprofi bestimmt unter die ersten fünf Prozent. Dennoch ist es hauptsächlich eine große Halle mit vielen Hebebühnen, in der ein Haufen Leute durcheinander rennen aber an den Autos wenig passiert. Während ich mich schon ärgere, den Einbau nicht selber versucht zu haben und Horrorszenarien mit falschrum eingebauten Federn und vergessenen Schrauben vor Augen habe, vergnügen sich Susi und Ida mit zwei kirgisischen Jungs (in Begleitung von Mutter, Großmutter und Urgroßmutter) am Tischkicker.
Unser nächstes Ziel mit frisch gedämpftem Auto ist Jalal-Abad, wo mal wieder dem Dreck im und am Auto zu Leibe gerückt wird (Spoiler: Auto bleibt genau einen halben Tag sauber.) Das nächste größere Ziel soll der Song Kol sein, ein Bergsee auf 3000 Metern, von dem ich zumindest auf Instagram tolle Bilder gesehen habe. Dazu müssen wir aber erst ein ganzes Stück nach Osten, um eine für uns geeignete Anfahrt zu nutzen. Von Jalal-Abad also Richtung Kazarman, sieht auf der Karte prima aus, entpuppt sich aber als üble Schotterpiste. Am nächsten Morgen nieselt es etwas, da Schotter durch Wasser nicht besser wird, beeilen wir uns, über den Pass zu kommen. Klappt ganz gut, wir erfahren später von anderen Reisenden, die aufgrund eines Erdrutsches auf der Strecke wohl mehrere Tage festsitzen. Obwohl „nur“ 3000m hoch, ist der Pass unter den üblichen Bedingungen wohl nur von Juli bis September passierbar. Als wir nach dem nächsten Schlafplatz suchen, treffen wir eine deutsche Radfahrerin, die erst wenige Tage unterwegs ist. Offenbar liegt aber ihr Tageskilometerpensum mit unserem mindestens gleichauf. In einem riesigen Schlenker fahren wir mit etlichem Abstand zu Dreivierteln um den Song Kol herum, um ihn nach einer Nacht in Kochkor und einer wegen drohendem Gewitter von Mutti abgebrochenen Wanderung im roten Canyon von Kok Moynok von Nordosten her anzufahren. Auf der über 50 km langen Schotterpiste kommt uns gleich am Anfang ein LKW mit deutschem Kennzeichen entgegen, den wir auch brav abgrüßen. Am See selber gibt es doch etliche Jurtencamps, und wir fahren auch noch mal über 10km um zum gewünschten Stellplatz zu kommen. Nach mehreren ambitionierten Wasserdurchfahrten ist aber trotzdem irgendwann Schluss, der Weg führt über eine nasse Wiese, die auch noch übel hügelig ist. Ein wenig frustriert fahren wir etwas zurück und stehen dann zumindest nur wenige Meter vom Wasser entfernt. Die Damen halten ihre Füße nochmal kurz in das glasklare Wasser, mir ist es aber deutlich zu kalt. Am Morgen werden wir wach, da das Auto irgendwie komisch wackelt. Ein Blick durch die Gardinen zeigt, dass die grasenden Rindviecher Gefallen an Idas Fahrrad oder der Heckbox gefunden haben, und sich immer wieder daran reiben. Sie sind zwar schnell verscheucht, werden aber immer wieder nach kurzer Zeit durch Artgenossen abgelöst. Dies und das Wetter mit wenig Aussicht auf Besserung lässt uns aus geplanten zwei Nächten nur eine machen und wir verlassen den See über die südöstliche Schotterpiste Richtung Naryn. Es gibt zwei Pässe, zum Glück nur ganz wenig Schlamm und die spektakuläre Abfahrt der 33 Papageien (die vermutlich aus 33 Haarnadelkurven besteht). Von Naryn aus fahren wir in den kleinen Nationalpark Salkyn Tör. Die meisten Einheimischen mieten sich hier Jurten und grillen, was das Zeug hält, wir gehen ein bisschen wandern. Das tun außer uns nicht viele Menschen, lediglich ein paar Pilzsammler sehen wir später noch (die aber zu spät kommen, hehe). Zwei Wanderer überholen uns dann doch noch, der Tscheche Jaroslav und sein kirgisischer Kumpel, der ihm ein wenig die Gegend zeigt. Er ist ziemlich beeindruckt von unserer Reisemethode, er selber reist allein und per Anhalter. Wieder am Auto machen wir uns Instant-Nudeln heiß, und da der Kelly Kettle mal wieder mehr qualmt alles andere dauert das eine Weile. Irgendwann ist Jara auch vom Wandern zurück und lässt sich ganz begeistert das Auto zeigen. Sein selbsterklärter Höhepunkt des Tages ist dann aber, als ich ihm eine 2-Liter-Plasteflasche mit tschechischer Flagge als Etikett und angeblich tschechischem Bier zeige. Wir quatschen noch eine ganze Weile weiter, müssen allerdings aufpassen, nicht von angetrunkenen, tauziehenden Kirgisen umgegrätscht zu werden. Jaras Begleiter muss irgendwann los, wir wollten eigentlich auch in die andere Richtung, aber letztlich bringen wir Jara zurück nach Naryn, finden dort einen Spielplatz und ein nettes Restaurant und übernachten auch nochmal. Auf dem Spielplatz gibt es WLAN, und während Ida Karussell fährt tätigen wir Videoanrufe. Irgendwer hat vermutlich Geburtstag…

Tadschikistan

Wakhan-Korridor und Pamir-Highway

Auf einem Platz nahe der heißen Schwefelquelle Charmgazma treffen wir wieder auf die Franzosen, diesmal in Begleitung eines belgischen Pärchens, mit denen sie zusammen durch China fahren wollen, eines Motorradfahrers und eines weiteren Pärchens, das mit dem Tandem unterwegs ist. Auch die Belgier haben Probleme mit den Stoßdämpfern und den Kardanwellen. Irgendein Gehäuse ist gerissen und soll wohl vorübergehend mit Plastiktüten und Panzertape abgedichtet werden… Am Morgen versuchen wir auf einer Wanderung zuerst eine weitere heiße Quelle zu finden, was mangels Brücken nur mit einem ziemlichen Umweg gelingt. Die Quelle ist leider nicht mal lauwarm und zudem total veralgt. Daher wird nach Rückkehr und Mahlzeit dann doch noch das dem Örtchen den Namen gebende Schwefelbad aufgesucht. Herren dürfen in den Außenbereich, die Damen baden indoor. Kaum habe ich mich zu Wasser gelassen werde ich auch gleich von verschiedenen Herren interviewt. Mein Russisch hat sich noch nicht deutlich verbessert, zum Tausch der Eckdaten reicht es aber. Da ich mit Susi eine Zeit vereinbart habe, muss ich aber irgendwann los und es wird sich für den Parkplatz vor dem Bad verabredet. Erst langsam finden wir heraus, dass man das Bad wohl heiltherapeuthisch bei Hautkrankheiten nutzt, die Jungen und Männer um uns herum kommen aus allen Teilen des Landes. Irgendwann spielt Ida dann mit vier oder fünf anderen Kindern Uno. Es taucht ein Typ in Uniform auf, der es uns trotz des Hinweises, dass es ein Kinderspiel sei, untersagt, weiterzumachen. Selbstverständlich beugen wir uns dem, mehrere Leute, allen voran der Griller vom Schaschlikstand direkt daneben, versichern uns aber, dass man den ignorieren könnte und so geht es dann auch noch eine Weile weiter. Es werden noch Telefonnummern getauscht (falls mal wer ne Adresse für ein Visum für Deutschland braucht) und dann noch ein paar Kilometer gefahren. Die folgenden Tage, an denen auf der rechten Seite stets der Hindukusch zu sehen ist, verbringen wir mit der Besichtigung von zwei Festungen (Khala Kakh Ka und Yamchun) die schon zur Sicherung von Handelsrouten und Einflussbereichen genutzt wurden, als an den Begriff Wakhankorridor noch lange nicht zu denken war. Es gibt auch ein weiteres warmes Bad, diesmal in der heißen Quelle Bibi Fotima. Da der Spritverbrauch aufgrund der geringen Geschwindigkeit viel zu hoch ist, beschließe ich, über die kürzere und schnellere Nordroute nochmal zurück nach Khorog und dann vollgetankt und mit etwas Extrakraftstoff Richtung Osh zu fahren. Gerade vor der Einmündung beider Strecken besteht die südliche Route fast nur noch aus Waschbrettpiste, unser Tagesschnitt sinkt auf 16 km/h. An einem kleinen See , an dem wir Pause machen wollen treffen wir wieder auf die Belgier und die Franzosen. Letzteren ist an ihrem Sprinter leider inzwischen der Rahmen gerissen. Als wir unsere Pläne erläutern bekommen wir sofort 20L Diesel angeboten, zumindest ich lehne aber vehement ab. Nach weiteren 10 Kilometern Waschbrett erreichen wir die nördliche Route, die uns schon von weitem als schwarzes Asphaltband entgegenleuchtet. Die Freude ist aber nur kurz auch hier gibt es einige richtig üble Streckenabschnitte. Richtung Khorog wird es dann aber langsam besser, und da Samstag ist fahren wir als erstes zum Cross-Border-Market in Tem. Aus unserer Sicht unterscheidet dieser sich nicht so sehr von anderen Märkten, lediglich die afghanischen Verkäufer sind anders gekleidet. Das sehen die Tadschiken aber offenbar anders, denn es ist brechend voll. Dementsprechend schlecht ist auch die Parkplatzsituation und die einzige Option ist, schräg und leicht im Straßengraben zu parken.
Als wir mit einer Tüte Nudeln als einziger Ausbeute zurück am Auto sind werden dann auch meine Befürchtungen wahr: ein Rad dreht durch, wir kommen nicht mehr auf den Weg zurück. Während ich fahrig noch vergeblich versuche, über den Bordcomputer das ESP auszuschalten haben sich aber schon fünf oder sechs Leute gefunden, die gemeinsam unser fabelhaft dreckiges Auto wieder auf festen Untergrund schubsen. Nach der Erledigung aller Besorgungen wollen wir uns noch den botanischen Garten anschauen, den höchstgelegenen Asiens. Wir stehen aber irgendwann vor einer geschlossenen Schranke und sehen auch ein Schild, welches verheißt, dass Samstag und Sonntag geschlossen ist. Blöd… Aber noch beim Wenden kommt jemand aus dem Büdchen neben der Schranke gelaufen und winkt uns zu sich ran. Selbstverständlich wäre heute geöffnet, wir müssten nur kurz bei ihm zahlen und dann könnten wir den Berg hoch brausen. Machen wir, finden dann aber keinen Eingang, nur ein Hotel. Meine Frau macht mich darauf aufmerksam, dass ich weder eine Quittung noch Tickets bekommen hätte… Letztlich finden wir neben dem Hotelgelände dann aber doch noch das richtige Tor und haben dann das ganze Gelände mit vier anderen Besuchern und zwei Angestellten (vermutlich! Hatten Gartengeräte dabei) für uns allein. Es gibt hauptsächlich Bäume und Sträucher aus aller Welt, alles ist wie ein Wald angelegt. Das wirkt angenehm homogen, macht allerdings die Identifizierung einzelner Gewächse eher schwierig, da es zum einen nur zwei Hauptwege und ein paar Trampelpfade gibt, zum anderen sind die Schilder nur auf Russisch und Latein und oftmals sehr verblichen. Wir bewegen uns aber zumindest nochmal, bevor wir wieder Richtung Kirgistan aufbrechen. Unser hochintelligentes Kind weist bei einer kleinen Pause darauf hin, dass doch überall Tannenzapfen rumliegen würden, und wir doch kaum noch welche zum Betreiben unseres Kelly Kettle bzw. zum Starten eines Lagerfeuers hätten. Wir schlagen uns kurz an den Kopf, und fangen dann fleißig zu sammeln an.
Die nördliche Route (die wir nun schon zum zweiten Mal befahren…) ist nicht ganz so spektakulär aber trotzdem schön. Das Tal ist deutlich breiter, wodurch es einfacher ist, auch mal einen schönen entspannten Stellplatz zu finden, bei dem auch mal wieder Fußball, Frisby und Drohne rausgekramt werden. In der Nähe des Zusammentreffens der beiden Routen, südlich des Ortes Alichur, wird noch mal leicht gewandert, bevor wir die letzte nennenswerte Siedlung in Tadschikistan, Murghab, erreichen. Wir müssen hier in einem Homestay 30$ bezahlen, um auf der kirgisischen Seite der Grenze auf einer Liste zu stehen, um die Grenze (die für Tadschiken und Kirgisen gesperrt ist) passieren zu können. Klingt bescheuert, ist es auch. Es gibt keinerlei Quittung, Kontaktaufnahme erfolgt über Whatsapp… Beim Auffüllen unserer Vorräte sehen wir zwei deutsche Fahrzeuge und treffen kurz darauf auch die Besitzer. Einer ist uns bereits durch seine youtube-Videos bekannt. Wir bekommen auch noch einen Kontakt für eine mögliche Ersatzteilbeschaffung. Nach dem Mittagessen (Rollton-Nudel-Snack) fahren wir auf guter Straße weiter zum Höhe(!)-Punkt der Reise. Nach dem Gezockel der Vortage ist die Fahrt auf dem Hochplateau des Pamir (trotz des stets auf der rechten Seite sichtbaren chinesischen Stacheldraht-Grenzzaunes) sehr eindrucksvoll. Der Ak-Baital-Pass ist nur auf den letzten paar hundert Metern steil, wir übersehen aber offensichtlich das Schild mit der Höhenangabe. Also wird gedreht und nochmal geschaut, aber das Schild wurde wohl entweder geklaut oder ist einem Erdrutsch zum Opfer gefallen. Notgedrungen müssen wir mit Idas Malzeug schnell selber eins schreiben: 4655m. Die Abfahrt ist dann nicht mehr ganz so gut, aber wir haben uns inzwischen schon an das Geschepper des Autos gewöhnt. Als Ida eine Pullerpause wünscht, stellen wir erst einen komischen Geruch und dann einen gerissenen Stoßdämpfer fest. Um Schäden am Unterboden zu vermeiden, bauen wir den oberen Teil ab, den unteren versuchen wir zumindest abzupolstern. In der Hoffnung, eventuell jemanden mit besserem Werkzeug zu treffen schleppen wir uns noch bis zum Karakol-See auf knapp 4000m Höhe. Es stehen schon mehrere größere Fahrzeuge dort und wir quatschen ein spazieren gehendes Pärchen an. Das entpuppt sich als Jackpot: der Schweizer Rene behauptet zumindest, alles an Werkzeug dabei zu haben und ist außerdem Kfz-Meister. Seine Flex müssen wir am nächsten Tag glücklicherweise nicht benutzen, mit dem Schlagschrauber bekommen wir auch das untere Stoßdämpferfragment sauber demontiert. Den Rest des Tages verbringen wir hauptsächlich damit, die gewaltige Szenerie des von 7000ern umrahmten Sees auf uns wirken zu lassen. Einen Tag später verlassen wir Tadschikistan, an der Grenze muss ich erstmal jemanden suchen, der einen Verantwortlichen für die Abfertigung sucht. Aufgrund der nicht lange zurückliegenden Grenzkonflikte kümmert sich keines der beiden Länder um die Straße durchs Niemandsland, die zudem noch über den Kyzyl Art Pass führt. Durch viele andere Reisende wissen wir schon, dass die Straße nach Regen kaum passierbar ist, es ist aber nur ein bisschen feucht und da es hauptsächlich bergab geht kommen wir ganz gut zur kirgisischen Grenze.

Tadschikistan – der Nordwesten

Bemerkenswert an unserem Grenzübertritt nach Tadschikistan ist eigentlich nur, dass uns das Navi über einen nicht-internationalen Grenzposten durch Tadschikistan zur usbekisch-tadschikischen Grenze leiten möchte, und wir natürlich erstmal rechts ranfahren, als unvermittelt ein Grenzgebäude vor uns auftaucht. Dann dauert es nur wenige Sekunden, bis ein Uniformierter erscheint, und uns zum unverzüglichen Weiterfahren auffordert. Wir fahren die Straße zurück, bis das Mobilfunksignal ausreichend gut ist, werden aber auch hier nach wenigen Minuten von einer Patrouille ermahnt. Das ist für uns ziemlich nervig, aber obwohl wir ja nun auch schon mehrere Grenzen überquert haben, muss man sich immer wieder klar machen, dass wir durch das Schengenabkommen einfach megaverwöhnt sind. Welches Modell zukunftsträchtiger ist sei mal dahingestellt. Erst da stellen wir übrigens fest, dass der Grenzübergang nicht der gewünschte ist.
Am internationalen Grenzübergang ist sehr wenig los, nichtsdestotrotz agiert man eher gelassen. Wir, bzw. das Auto sind mal wieder die Attraktion, wir zählen diesmal mehr als zehn Personen, die, wie zuletzt, in erster Linie neugierig sind. Auf tadschikischer Seite ist die Arbeitsgeschwindigkeit ebenfalls überschaubar, es sind aber deutlich weniger Leute zugange. Nachdem die Einfuhrsteuer fürs Fahrzeug bezahlt ist, versucht sich ein älterer Herr noch 3$ fürs Zusammentackern und Abstempeln irgendwelcher Dokumente zu erschleichen. Da ich mich blöd stelle und ablehne muss er wohl noch etwas länger darauf sparen, sich seine vorderen Silberzähne vergolden zulassen.
Wir finden am Abend endlich mal wieder einen etwas windigeren Stellplatz, der Abkühlung für die Nacht verspricht und befreien noch die Drohne aus ihrem Versteck. Es geht auch gut weiter, da der erste angefahrene ATM sowohl Landeswährung als auch Dollar auswirft. Zur Ausfindigmachung wurde zwar das Internet genutzt, in Usbekistan hatte aber selbst das nichts genützt. Bargeld scheint aber auch nötig zu sein, da die ersten Tankstellen und Märkte alle nicht über ein Kartenlesegerät verfügen. Den eigentlich schon lange nötigen Platz, an dem wir mal nicht nur eine Nacht stehen finden wir am vierten der Sieben Seen (Haft Kul) im Nordwesten des Landes. Samarkand ist nur noch 60 Kilometer entfernt, hätte ich auf meine Wodka-Tomätchen-Gürkchen-Kumpels gehört, hätten wir schon vor eine Woche hier sein können. Wir gehen wandern, schaffen es zwar nur bis zum fünften See, haben am Ende aber trotzdem zwölf Kilometer geschafft und uns eine Dusche verdient. Der Modus soll beibehalten werden und wir bleiben zwei Nächte mit ziemlich spektakulärer Aussicht am Iskandarkul stehen. Wir machen die Bekanntschaft eines netten französischen Pärchens, das schon seit über einem Jahr unterwegs ist. Da sie auch den Pamir Highway fahren wollen, tauschen wir auch gleich Telefonnummern. Wir fahren am nächsten Morgen gemeinsam ab,
was ganz gut ist, da gleich am Anfang ein ziemlich gerölliger Anstieg zu bewältigen ist. Klappt aber ohne fremde Hilfe. Die Franzosen fahren weiter Richtung Duschanbe, wir wandern erst noch zum Fann-Niagara genannten Wasserfall, und anschließend zum Schlangensee der laut Reisführer besser zum Baden geeignet ist, weil wärmer. Es gibt natürlich ein “Baden verboten!“-Schild, aber der Angestellte der Forellenzucht erlaubt es uns ausdrücklich, zeigt uns auch die beste Stelle und schenkt uns auch noch gleich ein Brot. Man muss nicht erwähnen, dass der See natürlich scheißkalt ist… Wir fahren nach Duschanbe, essen in einem Lokal mit Flussblick zu (Früh-)Abend und fahren auch gleich wieder aus der Stadt heraus, da wir der Hitze entfliehen wollen. Wollen offenbar alle anderen auch, denn wir stehen über eine Stunde im Stau. Am nächsten Tag gehen wir im größten Supermarkt der Stadt (Auchan) einkaufen, bei dem allerdings die POS Terminals für die Kartenzahlung nicht funktionieren. Wir haben nicht mehr genug Bargeld, aber nach wenigen Momenten bezahlt ein Mann hinter uns in der Schlange den Einkauf, immerhin fast 70€ per App. Er will das Geld offenbar nicht mal wiederhaben, wir gehen dann aber gemeinsam zum Bankomaten. Seine Frau, die besser Englisch spricht, gibt mir auch gleich noch ihre Telefonnummer falls weitere Hilfe nötig sei. Hätten wir sie nur mal angetextet… Stattdessen bitten wir die Gastgeberin der gebuchten Ferienwohnung, bzw. ihre Schwester um Hilfe beim Erwerb der Genehmigung für den Pamir-Highway. Es funktioniert zwar alles reibungslos, allerdings ist sie offenbar der Meinung, sich an uns gesundstoßen zu müssen. Bei unseren Spaziergängen durch die wunderbar begrünte Stadt besuchen wir auf Susis Wunsch ein historisches Teehaus. Neben den vielen Schnitzereien sind noch das bisher schlechteste Schaschlik und das günstigste Bier (0,5 für etwa 55 Cent) bemerkenswert.
Unsere Route führt über eher schlechte Straßen über den Khoburobot-Pass (über 3200m und mit Bushaltestelle) zunächst nach Khalaykumb. Da neben der Straße meistens Schlucht oder Berg ist, ist die Auswahl schöner Plätze begrenzt. Unsere Tagesdurchschnittsgeschwindigkeit sinkt drastisch. In Khalaykumb saugen wir nach langer Zeit mal wieder das Auto aus, waschen clevererweise nicht, erwischen beim Tanken aber offensichtlich wieder minderwertigen Diesel. Zur Entspannung fahren wir ein paar Kilometer ins Bartang-Tal hinein, wo wir zumindest in Ruhe wandern und Wäschewaschen können. Auf der Straße nach Khorog, die ständig am Panj und somit der afghanischen Grenze entlangführt, wird stark gebaut. Theoretisch ist die Straße von 6:30 bis 18:00 gesperrt und nur in der Mittagspause von 12:00 bis 13:00 geöffnet. Da sitzen wir aber gemeinsam mit irgendwelchen Bauleuten im Cafe UdSSR bei Plov und Lagman. Praktisch soll es wohl immer mal kleinere Sperrungen geben. Stimmt leider nicht, wir stehen erst 30 und dann fünf Minuten. Und dann zweieinhalb Stunden. Da auf den offenen Straßenabschnitten viele Patrouillen unterwegs sind, stellen wir uns (abends!) unspektakulär zwischen ein paar LKWs , die in der Nähe eines Restaurants parken. Was sich abends schon angedeutet hatte wird am nächsten Tag Gewißheit: unsere hinteren Stoßdämpfer geben kurz nacheinander den Geist auf, schlagen immer wieder durch. In Khorog fahren wir dann in eine Werkstatt, die wir schon aus youtube-Videos anderer Pamirreisender kennen. Der Meister hat ein Jahr lang in Deutschland bei Mercedes gearbeitet, kann uns aber nicht helfen. Er empfiehlt uns, langsam bis nach Osh zu fahren, und legt uns nahe, unterwegs keinesfalls zu tanken, um Probleme mit dem Dieselpartikelfilter zu umgehen. Er sagt aber nicht ausdrücklich, welche Route wir wählen sollen und wir entscheiden uns für die längere, schönere und langsamere Route durch den Wakhan-Korridor.

Usbekistan reloaded

Die zweite Einreise nach Usbekistan verläuft etwas schneller als die erste, allerdings sind diesmal 39.000 statt 17.000 Som zu zahlen. Und die Kontrolle des Autos erfolgt diesmal durch noch mehr Beamte. Der Grund scheint zu sein, dass über den Grenzübergang offenbar kaum Autos fahren, und man wohl froh über etwas Abwechslung ist. Meine interne Liste von Stellen, an denen noch kein Grenzer geschaut hat wird um ein paar Positionen kürzer. Großes Interesse erregt Idas TipToi Stift. Da ich die Funktion selbstverständlich demonstrieren muss, kann ich mir anschließend das Lachen kaum verkneifen, als zwei Beamte im Buch rumtippen und ganz gespannt ihre Ohren an den Stift halten.
Da das Wetter inzwischen zumindest für unsere Verhältnisse sehr sommerlich ist, schieben wir die Stadtbesichtigungen von Buchara und Samarkand jeweils auf den späten Nachmittag. Früh wird ja eh meistens getrödelt, zwischendurch fahren wir oder gehen höchstens mal einkaufen. Am Kindertag besucht Ida in Samarkand wieder ein Indoor-Spieleparadies, während wir auf dem Foodcourt (ein Pizzaladen und ein Kaffeestand) entspannen. Nach dem Besuch des Registan inklusive abendlicher Lichtershow bleiben wir auf dem Parkplatz in der Nähe gleich stehen. Es dauert ewig, die heiße Luft etwas aus dem Auto zu bekommen, und obwohl es eigentlich recht ruhig ist nervt uns die ganze Nacht das Scheppern einer Klimaanlage an einem Gebäude in der Nähe. Auch wenn Besichtigungstouren bei Ida kaum Begeisterung auslösen möchte ich mir in Samarkand und Umgebung gern noch ein, zwei Sachen anschauen. Daher fahren wir am (späten) Morgen noch zur wunderschönen Nekropole Shoizinda und dann weiter zur Geburtsstadt Timurs, Shahrisabz. Dazu müssen wir über einen knapp 1700m hohen Pass, die Straße ist nur für PKW zugelassen. Hatte unser Reiseführer auch so gesagt. Verschwiegen hatte er, dass die Straße entlang eines kleinen Flüsschens komplett mit kleinen Restaurants zugepflastert ist, welche von Einheimischen offenbar gerade am Wochenende exzessiv genutzt werden. Bei deutlich über 30 Grad drehen wir nur eine kurze Runde durch die sehr gepflegte Anlage mit Timur-Statue und den imposanten Resten des Palasttores, telefonieren dann lieber an einem schattigen Plätzchen mal mit der Heimat. Wir übernachten gegen kleine Gebühr mit spektakulärer Aussicht am Pass, bekommen echt leckeren Kefir geschenkt, den leider niemand verträgt und machen noch die Bekanntschaft eines Herrenquintetts aus Samarkand, das sich bei uns erst Becher borgt und mich dann zu Wodka mit Tomätchen und Gürkchen einlädt. Dabei wird, wie stets, die Reiseroute erörtert. Meinen Plan, sich in Taschkent erstmal einen neuen Reifen zu besorgen, und dann Richtung Kirgistan weiterzureisen hält man für eher doof. Der würde locker noch ein Jahr halten! Stattdessen sollten wir doch hier gleich nach Tadschikistan abbiegen. Meine Grimassen bezüglich einer weiteren Einreise nach Usbekistan sorgen aber immerhin für betretenes, zustimmendes Nicken. Dann sind die Herren ganz schnell wieder verschwunden und ich erbe eine halbe Flasche Wodka und eine kleine Tüte Gemüse.
Leider steht am nächsten Tag wieder das leidige Thema Dieselbeschaffung an, und da ich im usbekischen Diesel einen Grund für die leuchtende Motorkontrollleuchte sehe ist mir nicht so recht wohl. Am Vortag hatten wir schon zwei Tankstellen angefahren, an einer lag der Tankwart schlafend auf der Couch, an der anderen war niemand zu sehen, auch nicht nach mehrfachem Hupen. Es braucht drei Anläufe, um eine Tankstelle zu finden, die Diesel nicht nur an der Tafel stehen, sondern auch vorrätig hat. Mit meinen rudimentären Kenntnissen der Stochastik überlege ich mir, an verschiedenen Tankstellen immer nur ein bisschen zu tanken, um vielleicht nicht nur Dreckssprit zu bekommen. So kommt es kurze Zeit später zu einem weiterem Tankstopp, da eine Station doch tatsächlich mit Euro5-Diesel wirbt. Das reicht dann zumindest, um die Hauptstadt Taschkent zu erreichen, wo wir als erstes unsere Autoversicherung verlängern müssen. Dies geschieht nicht in einem Büdchen sondern einem Büro, der Versicherungsschein sieht fast genauso aus, der Preis beträgt aber nur ein Fünfundzwanzigstel. Vor dem Gebäude quatschen wir noch kurz mit einem Rudel Motorraddänen, die sind zumindest noch eingestaubter als wir. Um unseren Staub ein wenig abzuwaschen besteht die Mama darauf, den nahegelegenen Akva Park zu besuchen, zu unserer großen Freude scheint Ida ihre Wasserscheu langsam abzulegen. Wir übernachten eher zweckmäßig, fahren zu Mercedes, um unser Reifenproblem zu lösen. Mercedes selber kann uns gar nicht helfen, allerdings nutzt man offenbar sein Netzwerk. Wir landen letztlich bei einem Reifenhändler und lassen uns die Hinterachse neu beziehen. Man geht eher rustikal vor (da ich das befürchtet hatte, war ich eigentlich zu MB gefahren) aber am Ende ist trotz nicht vorhandenem Drehmomentschlüssel alles wie gewünscht. Lediglich den Luftdruck korrigiere ich später selbst. Da die Stadt auch nachts warm und stickig ist entscheiden wir uns für ein Hostel, zu Fuß erreichen wir noch ein Restaurant und später, wie am Vorabend die Metro. Diese ist günstig und interessant ( da alle Stationen unterschiedlich gestaltet sind), warum allerdings Tickets immer nur ab der Station verwendet werden dürfen, an der sie gekauft wurden, ist uns völlig unklar.
Wir fahren zum Charvak-Stausee, sieht auf der Karte gut aus, wird vom Reiseführer empfohlen. Ist aber leider für uns nicht zu gebrauchen, da man kaum unentgeltlich ans Ufer kommt. Nach ewigem Rumgesuche schaffen wir es dann doch, an Baden ist aber unter anderem aufgrund vieler Glasscherben nicht zu denken. Wir übernachten irgendwo auf dem Rückweg nach Taschkent, wo wir nochmal mit Eurodiesel volltanken, bevor wir Richtung Ferganabecken abbiegen. Auch das Fahrzeug wird nochmal gesäubert, dabei kommt es zu einem weiteren Verlust: Ich stehe auf einem Hinterrad, klammere mich an der Markise fest und versuche mit dem Hochdruckreiniger das Dach zu säubern. Da mir körperlich schwere Betätigungen eher fremd sind, bleibt die Waschlanze natürlich nicht da, wo sie soll sondern schlägt nach oben aus. Genau auf meinen Kopf, was nur halb so schlimm wäre, hätte ich nicht die Brille noch auf der Stirn. Selbige zerbirst und natürlich gibt es auch eine kleine blutende Wunde. Frau und Kind sind selbstverständlich nicht in der Nähe, da sie sich irgendwo im Schatten abducken. Zumindest Susi trägt dann aber auch noch zur Fahrzeuginnenreinigung bei, als sie auf der Weiterfahrt äußerst dynamisch eine Flasche Sprudel öffnet. In Margilon besichtigen wir gemeinsam mit zwei Polen und zwei Russen eine Seidenmanufaktur, in Rishton wollen wir eigentlich den Keramikmeistern im Internationalen Keramikcenter bei der Arbeit über die Schulter schauen. Am frühen Abend scheint dort aber kaum noch was los zu sein, und wir entscheiden uns dafür, am nächsten Tag nochmal wiederzukommen. Gegen 10 Uhr morgens ist der Anblick aber unverändert. Die Türen der Läden sind zwar geöffnet, zu sehen oder zu hören ist aber kaum jemand. Wir schlendern also lieber nochmal über den Markt und kaufen dann sogar noch unsere ersten Souvenirs der Reise, bevor wir zur tadschikischen Grenze fahren.