Uzbekistan – zum Ersten

Nach den bisherigen Erfahrungen sind zumindest die Ausreisen immer einigermaßen zügig vonstattengegangen, das ändert sich hier, da ich allein an der Passkontrolle fast eine Stunde warten muss. Die usbekische Seite dauert etwa genauso lange. Es ist eine Transitgebühr (oder was auch immer) zu entrichten, 17.000 Som(~1,30€). Da ich noch kein usbekisches Geld habe, darf ich auch in kasachischen Tenge bezahlen: 2000(~4,50€). Das Auto wird gleich von drei Leuten durchsucht. Eine Drohne wird nicht gefunden. Als ich beim Themenkomplex Reiseroute staunend nach meinem Beruf gefragt werde, verweise ich auf meine Herzensdame und ernte neidische Blicke.
Kurz nach der Grenze ist, wie gehabt, Geld zu tauschen und eine Versicherung zu erwerben. Obwohl durch das Internet gewarnt, sind die sofort ums Auto herumrennenden Menschen, die größtenteils Sturmmasken bzw. Tücher über Mund, Nase und Kopf sowie Sonnenbrillen tragen für uns ein klein wenig abschreckend. Die Frage nach einer SIM-Karte verneinen wir, tauschen dann aber Geld (Millionär in fünf Sekunden), zeigen Interesse an einer Versicherung fürs Auto und werden umgehend in ein Café bugsiert. Dort sitzt ein junger Mann, der gleichzeitig auf seinem Laptop rumhämmert, uns eine SIM-Karte anbietet, telefoniert und das Lokal verlassende Kunden abkassiert. Bei der Erstellung unserer Versicherungspolice klemmt es aber ein bisschen, meine Mädels essen also erstmal Schaschlik mit Salat und trinken einen Tee. Es klemmt weiterhin und irgendwann setzt sich der jüngere Bruder, der zudem besser Englisch spricht, ans Laptop. Er fragt erstmal nach einer SIM-Karte, kriegt es dann aber hin, irgendeine ominöse Variable der Zulassungsbescheinigung , Teil 2 korrekt ins System einzugeben. Er strahlt, und nennt dann einen Mondpreis… Aufgrund meines äußerst rudimentär ausgeprägten Verhandlungsgeschickes gelingt es mir nur, ihn um den Preis des Essens herunterzuhandeln. Trotz dieser kleinen Abzocke sind uns Usbekistan und seine Bewohner, die sich mit Tonnen von Material über die Grenze quälen, und dann gemeinsam frisch gegrilltes Fleisch essen auf Anhieb sympathisch. Im Gegensatz zu Usbekistans Straßen.
Was dann kommt ist in Worten kaum zu beschreiben. Um unpassende Vergleiche zu vermeiden: es ist die Abwesenheit einer Straße. Stellenweise ist etwas Asphalt zu erahnen. Dafür halbmetertiefe Löcher bis zum Abwinken. Und das ganze für 250 Kilometer. Ausnahmsweise kommt der Copilot mal seinen Kernaufgaben nach, und entdeckt, dass einige Fahrzeuge neben der Straße durch die Steppe fahren. Es gibt ein regelrechtes Wegenetz beidseits der Straße, welches wir dann auch benutzen. Allerdings nicht, ohne einen Preis dafür zu bezahlen: wir sind zwar schneller und vermeiden harte Schlaglöcher, der Dreck dringt aber überall ins Auto ein. Irgendwann können wir nicht mehr und bleiben einfach stehen. Leider nicht, ohne uns vorher beim Wenden kurz festzufahren. Um etwas positive Stimmung zu verbreiten, kündige ich für den nächsten Tag eine Duschmöglichkeit an. An einem hauptsächlich von Truckern genutztem Rastplatz, auf den vor uns zwei LKWs einbiegen, die gestern zeitgleich mit uns das Niemandsland zwischen Kasachstan und Usbekistan durchquert hatten, gibt es für kleines Geld ebenso Schaschlik wie zeitlich unlimitierte Duschen.
Die Suche nach einem für uns funktionierendem Geldautomaten wird zur unendlichen Geschichte. Unzählige Versuche schlagen mit irgendwelchen Fantasiefehlermeldungen fehl. Irgendwann wird es Susi zu bunt, und sie betritt energisch eine Bank. Ich bin nicht so überzeugt, da alles voller offensichtlich wartender Leute ist und unterhalte mich lieber vor der Tür mit einem älteren Herren (in Prenzlau gedient), der offenbar seine Rente abgeholt hat, da er eine Plastiktüte voller Geldscheinbündel dabei hat. Meine Frau ist aber doch recht schnell an der Reihe und schreit mir ein „Wieviel?“ entgegen. Ich rufe auf Russisch 600 zurück und bin dann mehr als erstaunt, da es ihr offenbar entgegen anderslautender Meldungen gelungen ist, in Usbekistan US-Dollar abzuheben. Im Nachhinein betrachtet rettet uns das ziemlich den A….
Es gibt, theoretisch, in Usbekistan eine Registrierungspflicht alle 72 Stunden. Diese nehmen im Normalfall Unterkünfte wahr. Es gibt auch eine App, für die man, nur ganz wenig zu kurz gedacht, eine usbekische Telefonnummer und eine usbekische Kreditkarte benötigt. Da das Internet so eher durchwachsen antwortet, entschließen wir uns, für Xiva eine Unterkunft (mit Waschmaschine) zu buchen. Die Bewertungen auf booking sind super, vor allem die sehr gut Englisch sprechende Tochter wird gelobt, wir entscheiden uns also für das Yoguz Guesthouse in der Altstadt. Unsere Navigation wird wenige hundert Meter vor dem Ziel von einer Fußgängerzone aus dem Tritt gebracht, daher laufen wir die letzten paar Meter. Im Hostel angekommen textet Bonu uns auch gleich zu , und ordnet an, dass ihre Mutter, die leider weder Englisch noch Russisch spräche, mit mir zum Auto laufen, und mir dann den Weg weisen werde. Ich versuche kurz abzulehnen, werde aber ignoriert. Zum Glück, denn spätestens am Einfahrt-Verboten-Schild des Nordtores der Altstadt wäre ich gescheitert. Mama Yoguz hält sich zwar stets eine Hand vor den Mund (Zähne?!) was sie aber nicht davon abhält, Kinder, junge Frauen und andere Autofahrer anzupflaumen, bis wir dann endlich direkt vor der Unterkunft stehen. Drinnen kommt mir meine Susi ganz aufgeregt entgegen und verkündet freudestrahlend: Wir sind zu einer Hochzeit eingeladen!! Häää?? Da ich ja ein bekennender Hochzeitsfan bin sage ich natürlich zu, wir springen alle noch schnell unter die Dusche und werfen uns in Schale. Dresscode: egal! Mit Bonu fahren wir ins 40 km entfernte Urgench zu einem Wedding Palace. Da ich mit ihr vorne sitze, und versuche, über Gott und die Welt (genaugenommen: Familie, Heirat, Werte) zu plaudern, wird mir wieder mal sehr schnell und schmerzlich bewusst, wie scheisse mein Englisch ist. Als ich frage, was man als Gast zu erwarten habe, antwortet sie zu meiner großen Beruhigung, es könnte höchstens passieren, dass man mir das Mikrofon gäbe, und ich meine Wünsche an das Brautpaar äußern dürfte. Beruhigend… Dazu kommt es jedoch nicht, als nicht der Landessprache mächtiger darf ich zudem bei den Frauen sitzen. Soweit wir es verstehen, ist dies nur die Feier für die Seite der Frau, wo die Männer sind ist auch unklar. Trotzdem sitzen um uns rum bestimmt 200-300 Leute. Die Braut sieht märchenhaft aus, bedankt sich aber nur bei den Anwesenden und posiert für Fotos. Sie wird die ganze Zeit von einem Fotografenteam umschwirrt, das später aber auch schnellstens entwickelte Fotos an die Gäste vertickt. Das Essen ist reichlich, Alkohol gibt es keinen (zumindest bei den Frauen) und der Zeitrahmen ist zumindest grob abgesteckt. Nach zweieinhalb Stunden löst sich die Veranstaltung wie von allein auf. Ida lässt sich gemeinsam mit anderen Bedürftigen von der Braut noch mit Hochzeitstorte füttern, bevor wir zurück nach Xiva fahren. Wir erhalten am nächsten Morgen unsere Registrierungsbelege und kaufen nach kurzem Stadtbummel und weiteren erfolglosen Abhebeversuchen erst noch ein. Wir übernachten 10km von der Grenze neben einem (verlassenen?) Basargelände, am Morgen gibt es noch eine Kontrolle durch einen Polizisten, die aber nur zwei Minuten und drei Handyfotos unserer Pässe dauert. Wir sind kurz vor 9:00 Uhr an der um 9:00 Uhr öffnenden Grenze.

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