Bulgarien auf die Schnelle und Istanbul

Es ist zwar etwas kühler als noch vor ein paar Tagen, aber da die Sonne scheint geben wir uns ausgiebig den schönen Dingen des Lebens hin. Ida lässt Drachen steigen, ich die Drohne und Susi wäscht Haare. Dann lässt auch Susi Drachen steigen und kurz danach steige ich ebenfalls. Mit Hackwerkzeug auf einen Baum… Wir räumen noch das Auto ein wenig auf und um und fahren erst am frühen Nachmittag los. Bis zum Kloster Aladja, das wir mangels Cash nicht besichtigen. Das kleine Naturschutzgebiet daneben nutzen wir aber für eine Wanderung. Wir übernachten sehr ruhig an einem Strandparkplatz in Nessebar und wollen uns die Altstadt eigentlich am nächsten Tag anschauen. Dazu hatte mir ein guter Kumpel vom Fussballstammtisch mit bulgarischen Wurzeln auch geraten. Es ist allerdings so regnerisch und windig, dass dies wenig Spaß verspricht. Zudem fürchtet die Mutter eine Spontanerkrankung des Kindes. Da tröstet es auch wenig, dass die Parkuhren noch nicht in Betrieb sind. Wir gönnen uns einen zweiten Kaffee bei einer Fastfoodkette, buchen eine eSIM für die Türkei und fahren weiter nach Burgas. Dort verzweifeln wir fast bei der Parkplatzsuche, ehe wir uns im Gastropub_313 den Bauch vollschlagen. Rückblickend war das eine der besseren Ideen des Tages. Da das Wetter bescheiden bleibt überlegen wir uns, heute noch in die Türkei einzureisen und dort noch ein paar Meter zu machen. Die Einreise läuft ziemlich zügig, wir sind einer von wenigen PKWs am etwa 600m hoch gelegenen Grenzposten. Die Temperatur von 5° lässt aber wenig Freude beim Öffnen verschiedener Türen und Kisten aufkommen. Die Straßen auf türkischer Seite sind dann aber um Längen besser.
Davon abgesehen klappt dann aber nicht mehr so viel: meine super eSIM scheint irgendwie nicht richtig zu funktionieren (inzwischen läuft sie prima, keine Ahnung was da war), die von Susi angefragten AirBnBs teilen alle mit, dass sie die eigentlich versprochenen Ausstattungsdetails nicht bieten können. Beim einen gibt es keinen Parkplatz, beim nächsten ist die Waschmaschine kaputt. Die park4night-Stellplätze, die wir anfahren (darunter einer auf einer Autobahnraststätte, da ich offenbar zu blöd zum Lesen war, und der uns auch noch Maut kostet) sind durch die Bank alle Mist. Zumindest sagen sie uns nicht so recht zu. Wir kommen zwar immer weiter Richtung Istanbul, aber Ida ist längst eingeschlafen und wir sind nur noch genervt. Gegen 22:30 haben wir aber keine Energie mehr und stellen das Auto auf einem Feldweg neben der Straße ab, achten aber zumindest bei leichtem Nieselregen noch darauf, dass die Antriebsachse auf festem Untergrund steht. Wir sind zu diesem Zeitpunkt über sieben Stunden unterwegs.
Am Sonntagmorgen rollen wir dann noch die eine Stunde bis Istanbul oder genauer gesagt zum auserkorenen WoMo-Stellplatz. Der kostet zwar etwa 14 € pro Tag bietet aber Dusche, Toilette und Waschmaschine. Wir bekommen zu Susis großer Freude einen Platz direkt neben der Waschmaschine zugewiesen und waschen alsbald auch fröhlich drauf los. Eine deutsche Wohnmobilistin schenkt uns ihre noch gut gefüllte Istanbul-Card und nutz dies auch gleich, um nach dem woher und wohin zu fragen. Das merken wir uns…
Da der Tag noch jung ist geht es nach einem kleinen Mittagessen auch gleich zu Fuß Richtung Hagia Sophia und blaue Moschee, die ebenfalls in der Altstadt liegen. Als wir eine größere Straße erreichen, die zu beiden Moscheen führt, sind wir von der punktuell enormen Polizeipräsenz etwas überrascht. Das Bild fügt sich erst langsam zusammen, offenbar kommen viele Leute von einer propalästinensischen Demonstration hier entlang und die Polizei hat die Aufgabe, die hässlichen Ausgeburten des US-Imperialismus zu schützen: Mäkkes, BK und Starbucks. Als wir dann den Innenhof der blauen Moschee betreten ruft der Muezzin gerade zum Gebet; religionstechnisch ist es uns eher egal, der Moment ist aber doch beeindruckend. Wir erwerben die Standard-Fastfoodartikel Istanbuls, gegrillten Mais und Sesamkringel und beobachten das bunte Treiben. Meine Frau sieht einen Mann, der ihrer Meinung Taubenfutter in Pappbechern verkaufen will. Kurz darauf rennt dieser aber mit Cay,Cay-Rufen durch die Reihen. Wir beschließen den Abend mit gefüllten Weinblättern, Champions mit Käse, Falafel und Döner (Recherche des Lokalnamens unmöglich). Auch wenn es nicht auf der Karte steht: es gibt Bier!
Am nächsten Morgen oder genauer gesagt späten Vormittag machen wir uns wieder zu Fuß auf den Weg. Wie am Vortag erstmal bergauf, nicht wie am Vortag aber über den großen Basar ( der da nämlich geschlossen hatte). Durch viele Gassen mit noch mehr Läden und Lädchen bergab Richtung Galata-Brücke, da dort Sea and Land Tavel ein Büro haben soll, bei denen wir am Vorabend über getyourguide eine Bootstour auf dem Bosporus gebucht haben. Haben sie tatsächlich und wir verbringen die Zeit bis zur Abfahrt mit Essen, Klo gehen und Fotos knipsen. Beim Besteigen des Dampfers sehen wir eine etwa 25-köpfige Kindergruppe in blauen Trainingsanzügen vorm Schiff beim Gruppenfoto. Wir hoffen, dass sie nicht mit zu uns an Bord kommen, tun sie aber natürlich. Aber unsere Bedenken sind vollkommen überflüssig, sie verhalten sich sehr diszipliniert. Erst deutlich nach der Hälfte der Tour, als ihnen (wie allen anderen auch) aufgrund der immer weniger werdenden Ansagen des „Tourguides“ etwas langweilig wird, fangen sie an zur immer mehr werdenden Partymukke zu tanzen. Und man muss neidlos anerkennen, dass fast alle Kinder (ca.10-11) dies hervorragend können. Meine etwas komplizierte Recherche (da ich das Logo auf den Trainingsanzügen nicht recht entziffern kann) ergibt, dass es sich um eine Jugendmannschaft des FC Pakhtakor Taschkent handelt, des Rekordmeisters der usbekischen ersten Liga. Da wir ihn noch nicht gesehen haben, nehmen wir auf dem Heimweg noch einen kleinen Umweg über den ägyptischen Basar (auch nicht anders, vielleicht etwas schicker) in Kauf. Wieder im Auto überlegen wir, ob wir den nächsten Tag auch noch in Istanbul verbringen wollen.
Wollen wir, allerdings mit den Öffis. Die Website der Metro, die laut einem Türkeireiseportal gar nicht mal schlecht sei, lediglich der Routenplaner mache Probleme… ist allerdings nicht erreichbar. Wir laufen wenige hundert Meter zum Vorortzugbahnhof Yenikapi, der auch eine Metrostation beherbergen soll. Diese versteckt sich aber etwas vor uns. Der Mitarbeiter auf dem Bahnsteig spricht zwar eher wenig Englisch, wurde aber sauber gebrieft, wie mit dummen Touris zu verfahren ist, die die Metro nicht finden: Stairs down! Left! Left! Klappt. Wir erwerben eine zweite Istanbul-Card und fahren zum Taksimplatz. Erwähnenswert weil für mich unverständlich ist, dass es unterwegs eine Station direkt auf einer Fußgängerbrücke gibt.
Vom Taksim-Platz schlendern wir dann Richtung Galata-Turm und suchen unterwegs eine Postfiliale. Finden wir auch, hat aber wegen des nationalen Kindertages geschlossen. Den Rückweg legen wir dann mit der historischen Straßenbahn zurück. Nicht ganz das San Francisco Cable Car, kostet aber, genau wie eine Metrofahrt auch nur etwa 55 Cent. Mit der Istanbul-Card kann man übrigens auch die Drehkreuze vor den Toiletten auf den Metrostationen freischalten. Das kostet nicht mal 10 Cent.
Der Tradition folgend schenken wir unsere Karten zwei Jungs mit nem WoMo, die uns auf dem Stellplatz gegenüber stehen. Und horchen sie, ebenfalls der Tradition folgend, nebenbei noch ein bisschen aus. Wir bezahlen, gehen alle nochmal Duschen und fahren dann durch den Eurasientunnel noch etwa 200 km nach Osten.

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